Spreeufer II: An der Promenade promenieren

Einen durchgängigen Uferweg gibt es noch nicht, mit ein paar Umwegen und ein wenig Fantasie lässt sich aber bereits erahnen, wie schön das alles einmal sein wird.

Wo es hoch her geht: Spreeufer vor der Oberbaumbrücke. Bild: apn

Der Spaziergang beginnt in der Cuvrystraße am Ufer der Spree. Gerade zieht das Gewitter in Richtung Norden weiter, letzte dicke Tropfen fallen von den jungen Ahornbäumen. An dieser Stelle gibt es seit zwei Jahren einen kleinen Platz, der etwas euphemistisch Plaza San Rafael del Sur heißt – wie eine schicke Schautafel weiß, wurde er anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Städtepartnerschaft zwischen Friedrichshain-Kreuzberg und dem Landstrich San Rafael del Sur in Nicaragua angelegt. Die entstand aus Solidarität mit dem damaligen revolutionären Prozess, wie es heißt. Man kann sich auf eine der Parkbänke setzen, auf die leeren Flaschen, Chipstüten und die tristen Betonstufen starren, die hinunterführen, ins Nichts.

Feistes Grinsen

Man könnte sich lässig anlehnen, wäre man ein Tourist, und würde sich vor dem Eierkühlhaus am anderen Ufer knipsen lassen wollen, diesem mächtigen Klotz. Will man aber nicht, denn seit zehn Jahren residiert der Musikkonzern Universal darin. Universal war das erste Objekt am Spreeufer, mit dem Klaus Wowereit (SPD) als neu ernannter Bürgermeister den Ausverkauf der Stadt mit einem feisten Grinsen und der Behauptung zu legitimieren suchte, man habe es mit kulturellem Mehrwert zu tun. Die Berliner Musikszene hat bis heute ungefähr gar nichts davon.

Neben dem Geländer wogt die Wiese auf einer Brache. Hier wäre fast das BMW Guggenheim Lab gelandet, wenn die geschichtsbewussten Kreuzberger nicht so herrlich stur wären. Inzwischen haben sich dort ein paar Aussteiger Zelte und Tipis aufgebaut. Aber die Zelte sind zu. Die Aussteiger schlafen noch oder holen sich gerade das erste Bier des Tages. Ein Mann in Nadelstreifen stellt seinen Jaguar ins Halteverbot.

Leider geht es an dieser Stelle, wo es bald einen Gehweg am Ufer geben wird, nicht weiter an der Spree. Also zurück auf die Schlesische Straße, die Falckenstein hoch, unter der Oberbaumbrücke durch zum Gröbenufer, das seit zwei Jahren May-Ayim-Ufer heißt, benannt nach der antirassistischen Autorin, Pädagogin und Aktivistin, die unter anderem über das Fortbestehen kolonialer Überlegenheitsvorstellungen forschte. Direkt bei der Werbung fürs Hostelschiff am anderen Ufer und an zwei imposanten Trauerweiden vorbei kommt man wieder runter zur Spree, aber der schmale Weg ist vermüllt, und man stößt sofort an die historische Doppelkaianlage, die im Zweiten Weltkrieg zerstört und 2008 mit Geldern der Europäischen Union saniert wurde.

Glotzen aufs Backhendl

Seit Sommer 2010 sind hier die Macher des legendären Jolesch in der Muskauer Straße eingezogen. So gibt es auch im Rio Grande österreichische Hausmannskost, vom Backhendl für 9,50 bis zum rosa gebratenen Filet vom Rind für 21,50. Laut den Plänen des Bezirks soll hier bald ein maximal 20 Meter breiter Steg übers Wasser gehen. Außerdem ist ein Bootsanleger geplant. Es wird lustig werden, dort zu schlendern und den Gästen des Rio Grande auf die edel dekorierten Teller zu glotzen.

Hinterm Rio Grande kommt man lange nicht mehr an die Spree, sondern muss zurück auf die Köpenicker Straße. Der nächste Versuch, der von Erfolg gekrönt ist: 300 Meter flussaufwärts, hinterm Netto-Parkplatz in der Köpenicker 11. Ein verträumtes Plätzchen: Man kommt direkt ans Wasser, könnte Enten füttern oder auf der alten Weide sitzen, die halb ins Wasser gesunken ist, und die Füße baumeln lassen. Hier muss irgendwo die Stelle sein, wo sich der geplante Steg wieder in einen Gehweg verwandeln soll.

Weiter Richtung Westen. Die Brommystraße mündet auf einen schicken Balkon aus Stahl und Holz über der Spree, mit industrieromantischem Blick auf die Umzugswagen von Zapf und die alte Heeresbäckerei. Gegenüber locken der Oststrand und das Strandgut mit roten Liegen – und der schöne Segellastkahn „Agnes“ schaukelt auf dem Wasser. Ab hier sollte im besten Fall schon im Spätherbst der erste Abschnitt der Uferpromenade fertig werden. Nur das Wann ist mal wieder unklar.

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