Staatsanwalt ermittelt gegen „Pro Köln“: Rechtsextremer Sitzungseifer

221 Fraktionssitzungen in einem Jahr: Hat die rechte Vereinigung „Pro Köln“ so einen hohen Beratungsbedarf? Oder wollte sie nur Sitzungsgelder abgreifen?

Ding-Dong. Haben Sie grade Sitzung oder können wir kurz reinkommen? Bild: dapd

KÖLN taz | Versuchte die „Bürgerbewegung Pro Köln“ als fleißigste Ratsfraktion der Welt ins Guinnessbuch der Rekorde zu kommen? Oder wollte die rechtsextreme Vereinigung nur schlauer sein, als der Rechtsstaat erlaubt?

Eine Antwort darauf sucht derzeit die Kölner Staatsanwaltschaft. Am Dienstag durchsuchten Fahnder deswegen 17 Büros und Wohnungen in Köln, Leverkusen und Berlin, darunter auch die Räume des „Pro NRW“-Vorsitzenden Markus Beisicht und des „Pro Deutschland“-Chefs Manfred Rouhs.

Es geht um die Aufklärung eines erstaunlichen Phänomens: Seit Jahren fällt die Fraktion von „Pro Köln“ im Kölner Stadtrat durch einen schier unbändigen internen Beratungsbedarf auf. Allein im Jahr 2010 veranstaltete die selbst ernannte „Bürgerbewegung“ nach Angaben der Stadtverwaltung 221 Fraktionssitzungen. Zum Vergleich: Die SPD, die die größte Ratsfraktion stellt, kam gerademal auf 101 Fraktionssitzungen.

Aber das ist noch nicht alles: Zusätzlich will „Pro Köln“ noch 151 interne Arbeitskreissitzungen abgehalten haben, macht zusammen 372 Treffen. 2011 steigerte sich das Pensum sogar auf mehr als 480 Meetings. Sie sei halt besonders fleißig, begründete „Pro Köln“ diesen Sitzungseifer.

100.000 Euro pro Jahr

Allerdings handelt es sich wohl eher um ein geschicktes Geschäftsmodell zum Abgreifen von Staatsknete. Denn die vielen Treffen lohnten sich für die Rechtsaußentruppe, die bei der vergangenen Kommunalwahl auf 5,4 Prozent der Stimmen kam. Insgesamt kassierten die Ratsmitglieder und die sachkundigen Bürger von „Pro Köln“ 2010 und 2011 jeweils städtische Sitzungsgelder in Höhe von rund 100.000 Euro – deutlich mehr als alle anderen Parteien.

Bisher musste die Stadt diesem abzockerischen, aber nicht illegalen Treiben hilflos zusehen. Das pfiffige Modell hat jedoch einen Haken: Es ist sehr zeitintensiv. Da liegt der Gedanke nicht fern, so manche Sitzung nur auf dem Papier stattfinden zu lassen. Nach einer anonymen Anzeige und den Aussagen von zwei Aussteigern geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass genau das gemacht wurde. Sie ermittelt wegen des Verdachts des banden- und gewerbsmäßigen Betrugs.

Von „bösartigen Vorwürfen und Verleumdungen“ spricht demgegenüber „Pro Köln“. Die Rechtsextremen geben sich kämpferisch: „Doch wie die mutigen Oppositionellen und Verfolgten in Weißrussland, China oder anderswo verspricht die Pro-Bewegung auch hierzulande, nicht nachzulassen in ihrer Arbeit.“

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