Staatsanwaltschaft weist Anzeige ab: Schlappe für Zschäpe

Die Staatsanwaltschaft weist eine Anzeige der Angeklagten im NSU-Prozess gegen ihre Anwälte ab. Richter beschlagnahmt Akten von Verfassungsschützer.

Sitzen wieder fester im Sattel: das ursprüngliche Zschäpe-Anwaltstrio Sturm, Heer und Stahl Foto: (dpa)

BERLIN taz/dpa | Die Attacken verpuffen. Am Mittwoch wies die Staatsanwaltschaft München eine Strafanzeige von Beate Zschäpe gegen drei ihrer vier Pflichtverteidiger im NSU-Prozess ab. Die Prüfung habe „keinen Straftatbestand“ ergeben.

Am Freitag hatte Zschäpe ihre Anwälte Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm wegen angeblicher Verletzung der Schweigepflicht angezeigt. Diese hätten sich am Rande des NSU-Prozesses mit Richter Manfred Götzl über ihre Aussagebereitschaft ausgetauscht.

Die Staatsanwaltschaft sieht darin kein Problem: Es handele sich „um ein legitimes Verhalten von Verteidigern“. Auch wurden „keinerlei Informationen weitergegeben, die sich auf die Frage der Schuld oder Unschuld der Angeklagten beziehen“.

Damit scheitert ein weiterer Versuch Zschäpes, ihre Verteidiger loszuwerden. Vergangene Woche stellte die Hauptangeklagte zudem einen neuerlichen Entpflichtungsantrag gegen das Anwältetrio. Über den hat der Senat noch nicht entschieden.

Womöglich zielt Zschäpe darauf, Revisionsgründe nach einem Urteilsspruch zu schaffen. Bisher spricht die Beweisaufnahme für eine hohe Haftstrafe. Zschäpes jüngste Auftritte passen in das Bild der Anklage: Sie zeigen weniger die unbedarfte Hausfrau, wie es die Verteidigung gern hätte, als eine dominante Strippenzieherin.

Auch die Andeutung Zschäpes, doch noch auszusagen, scheint Taktik zu bleiben. Trotz neuem, viertem Anwalt schweigt sie im Prozess weiter. Offenbar will sich Zschäpe dieses letzte Machtmittel – die Spekulation um eine Aussage – dennoch nicht nehmen lassen. So wäre zu erklären, dass sie so drastisch, mit einer Anzeige, auf ein Gespräch ihrer Anwälte über dieses Thema reagierte.

Der Senat setzte davon unbeeindruckt am Dienstag den Prozess regulär fort und befragte einen Brandenburger Verfassungsschützer. Dieser betreute in den Neunziger Jahren den V-Mann Carsten „Piatto“ Sz., der auch Hinweise auf Kontaktleute und Banküberfälle des NSU-Trios lieferte – die zwischen den Ämtern versandeten.

Der Geheimdienstler erschien mit Perücke und gab sich, wie bei seinem ersten Auftritt Anfang Juli, wortkarg. Auf Fragen blätterte er wiederholt in einem mitgebrachten Aktenordner. Verteidiger und Nebenkläger-Anwälte verlangten darauf die Herausgabe der Dokumente.

Richter Götzl kam dem nach längerer Beratung nach: Er verfügte, die Akten einzuziehen und zu kopieren – ein Novum im Prozess. Der Verfassungsschützer muss nun noch einmal erscheinen.

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