Stadtentwicklung: Eislaufen war gestern

Das geplante Regenwasserbecken in Tempelhof ist zu teuer, nicht ökologisch und unsinnig, sagen Experten auf Grünen-Hearing.

Kommt das Wasserbecken (l.) im Wiesenmeer? Bild: dpa

Zu behaupten, dass der geplante See zu den drängendsten Problemen auf dem Tempelhofer Feld gehört, wäre wohl etwas zu hoch gehängt. Das 3 Hektar große Regenwasserbecken ist nicht vergleichbar mit den massigen Wohnblocks, die der Senat am Tempelhofer Damm hochziehen möchte. Auch eine Bürgerbefragungen ergab, dass eine Wasserfläche auf dem Feld ganz nützlich sein könnte. Und Antje Kapek, grüne Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus, gab noch am gestrigen Dienstag auf dem „Expertenhearing“ der Partei zum dortigen „Regenwassermanagement“ zu, dass sie vorhatte, „auf dem Teich mal Schlittschuh zu laufen“.

Und doch: Das Regenwasserbecken wird immer mehr zum Symbol für die umstrittene Planung des Senats und der ausführenden Grün Berlin GmbH, die das „Tempelhofer Feld zur urbanen Parklandschaft“ umzugestalten gedenkt. Seit gut einer Woche besteht für das vorgesehene 30.000 Quadratmeter große und 2 Meter tiefe Wasserbecken am Rande des Flughafenvorfelds Baurecht. Sind jetzt endgültig die Würfel gefallen, wollten die Grünen wissen?

Das sichelförmige Wasserbecken soll einmal das Regenwasser vom Flughafendach und von dem riesigen Vorfeld auffangen – und das in einem „besonders ökologischen Verfahren“, wie die Grün Berlin propagiert. Mit einem „neuen zeitgemäßen Regenwassermanagement“ werde das Wasser nicht mehr in die Kanalisation abgeleitet, sondern gesammelt.

Schaut man genauer hin, was bei dem Hearing gleich mehrere Fachleute aus den Bereichen Naturschutz, Wasser- und Entsorgungswirtschaft sowie für Baurecht taten, kommt man zu anderen Einsichten: Günther Grassmann von Utility Competence nahm das angebliche „ökologische“ Becken und Regenwassermanagement auseinander: „Die Gestaltung mit einem Betonbecken und den Uferbereichen ist wenig attraktiv und schon gar nicht ökologisch sinnvoll.“

Für die anfallenden Niederschlagsmengen von rund 220.000 Kubikmeter benötige man zudem keinen derartig großen Teich. Eine kleinere „naturnahe Versickerungsanlage“ schaffe das ebenso. Auch Andreas Faensen-Thiebes, Biologe beim BUND, schlug in diese Kerbe. Die 11 Millionen Euro teure Planung laufe auf ein „Designer- und Eventbecken“ hinaus, sagte er. Das „neue“ Regenwassermanagement sei nur Vorwand hierfür. Er plädierte gleichfalls für den Bau einer Versickerungsmulde, die wirtschaftlicher und kostengünstiger – rund 5 Millionen Euro – sei.

Der Bund für Naturschutz hatte in der vergangenen Woche angekündigt, mit einer einstweiligen Verfügung vor Gericht den Bau stoppen zu wollen. Thorsten Deppner vom Umweltverband erinnerte noch einmal daran, dass mangels fehlender Umweltverträglichkeitsprüfung, die Baugenehmigung „zu Unrecht“ erteilt worden sei. Sollte das Gericht dies ebenso sehen, könnte verhindert werden, „dass jetzt gebaut wird.“ Die Grünen, sagte Kapek am Ende des Hearings, wollten nun die planungsrechtlichen Probleme im Abgeordnetenhaus ansprechen. Schlittschuhfahren war gestern.

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