Standortdebatte in der Gegenwartskunst: Alte Versprechen und heutige Sparpläne

Das Museum Weserburg und die Kunsthalle bekunden den Willen zu enger Kooperation. Andere überlegen, ob die Stadt verpflichtet ist, mehr Zuschuss zu zahlen.

Die Gegenwartskunst in Bremen hat hier auf dem Teerhof ihr Zentrum - noch. Bild: dpa

BREMEN taz | Die Zusammenlegung des Museums Weserburg mit der Kunsthalle in den Wallanlagen rückt näher. Die endgültige Entscheidung fällt aber erst im Dezember – wenn klar ist, ob die Sanierung der Weserburg auf dem Teerhof wirklich teurer ist als ein verkleinerter Neubau gegenüber der Kunsthalle.

Das Museum für Gegenwartskunst sei „unter den gegebenen Rahmenbedingungen“ am heutigen Standort „betriebswirtschaftlich nicht in die Zukunft zu bringen“, sagte der Stiftungsratsvorsitzende der Weserburg, Klaus Sondergeld (SPD) am Dienstag in der Kulturdeputation. Die Rede ist von einem jährlichen Defizit von zumindest 100.000 Euro.

Gemeinsam mit Georg Abegg, dem scheidenden Vorsitzer des Kunstvereins, der die Kunsthalle trägt, unterzeichnete Sondergeld soeben eine „gemeinsame Absichtserklärung“ zur Kooperation der beiden Museen. Er sei der „Überzeugung“, dass ein gemeinsamer Betrieb beider Häuser „gelingen“ könne, so Sondergeld. Und "je enger" die Kooperation dabei ausfalle, "desto mehr Spielraum" bleibe für Ausstellungen.

Der Chefposten für beide Institutionen würde dann wohl an Christoph Grunenberg fallen, den Direktor der Kunsthalle, der daran vor laufender Kamera schon mal forsch Interesse bekundet hat. Peter Friese, der derzeit die Weserburg leitet, geht 2017 eh in Rente. Er kämpft, anders als Sondergeld, für die Eigenständigkeit der Weserburg und ihren Verbleib auf dem Teerhof – und wollte das Papier deshalb nicht unterzeichnen. Abegg sagte indes, es könne „keine Rede davon sein“, dass die Kunsthalle die Weserburg „übernehmen“ wolle. Zumal die Kunsthalle „jetzt schon klamm“ sei – auch sie hat ein strukturelles Defizit.

Rechtlich nicht bindend

Die jetzt unterzeichnete Kooperationserklärung ist zwar politisch bindend, rechtlich aber wohl nicht – der Stiftungsrat ist nur aufsichtsführendes Organ. Kritiker dieser Kooperation fürchten einen Verlust an Vielfalt in der Kunstszene, ein weiteres Ausbluten des Teerhofs und eine zu starke Dominanz der Kulturmeile im Viertel. Und sie warnen davor, dass Bremen am Ende viel weniger Platz für Gegenwartskunst haben wird als heute. Zumal neben der Weserburg auch das Zentrum für Künstlerpublikationen und die Gesellschaft für Aktuelle Kunst in einem kleinen Neubau unterkommen müssten. Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) warb gestern für einen „Standort mit Strahlkraft“ für die Gegenwartskunst. Und für CDU-Kulturpolitiker Claas Rohmeyer haben die Wallanlagen da „deutlich mehr Charme“ als der Teerhof.

Einen höheren Zuschuss der Stadt an die Weserburg schloss Böhrnsen schon früher aus. Die Frage, die sich UnterstützerInnen der Weserburg stellen, ist: Kann man die Stadt nicht dazu zu zwingen, dem Museum mehr Geld zu geben? Ein Vorbild gibt es: Das Marcks-Haus hat einen jahrelangen Rechtsstreit mit der Stadt um die Höhe der in seiner Stiftungsurkunde nur sehr allgemein beschriebenen Unterhaltsverpflichtung weitgehend erfolgreich ausgefochten.

Versprechen der Gründungsurkunde

In der Stiftungsurkunde der Weserburg von 1989 steht, dass die Stadt die zur „Erfüllung des Stiftungszwecks erforderlichen jährlichen Mittel“ aufbringt. Früher bekam das Museum dafür einmal gut 1,5 Millionen Euro, heute sind es etwa 400.000 Euro weniger. Die Stiftungsurkunde spricht auch davon, dass Bremen seine Zuwendung „entsprechend den jeweiligen Bedürfnissen“ des Museums „angemessen“ fortschreibt. Heute hat die Weserburg ein strukturelles Defizit von etwa 250.000 Euro im Jahr. Ist das „angemessen“? In der Gründungsurkunde ist, so sagen es Juristen, ein Rechtsanpruch der Stiftung gegen die Stadtgemeinde Bremen festgeschrieben – und zwar ohne Haushaltsvorbehalt.

Gegen die Stadt klagen müsste möglicherweise Sondergeld. Das erscheint unvorstellbar: In der Stadt gilt er vielen eher als derjenige, der die Weserburg abwickeln will. Doch womöglich könnte auch Friese klagen – er vertritt die Stiftung, gerichtlich und außergerichtlich.

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