Stasi-Tätigkeit des Berliner Staatssekretärs: Müller will Holm entlassen

Berlins Regierender Bürgermeister Müller will, dass der wegen seiner Stasi-Tätigkeit belastete Baustaatssekretär seinen Posten verlässt.

Ein Mann mit Brille hält den Kopf schräg und guckt ernst

Für den Berliner Senar nicht haltbar: Andrej Holm Foto: dpa

BERLIN taz | Am Ende ging es schneller als erwartet: Bevor die Berliner Humboldt-Universität (HU) am kommenden Mittwoch darüber entscheidet, ob Andrej Holm bei seiner Anstellung als Stadtsoziologe 2005 gelogen habe, haben sich am Samstag die Ereignisse überschlagen. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) ultimativ aufgefordert, für die Sitzung des rot-rot-grünen Senats am kommenden Dienstag eine Vorlage einzubringen. Einziger Inhalt: Der Senat möge den wegen seiner Stasi-Tätigkeit und seines Umgangs damit unter Druck geratenen Baustaatssekretär Andrej Holm entlassen. Nach Angaben der Linken wird es soweit aber nicht kommen. Holm wird noch am Samstag seinen Rücktritt erklären, hieß es zunächst. Dies blieb jedoch bis zum Abend aus.

Der von Lompscher als Staatssekretär nominierte Holm hatte 1989 eine Laufbahn als Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit angestrebt. Der 1970 geborene war damals 19 Jahre alt. Zum Verhängnis aber wurde ihm nicht seine Stasi-Vergangenheit, sondern der Umgang damit. 2005 hatte er der Humboldt-Universität gegenüber in einem Fragebogen erklärt, kein hauptamtlicher Mitarbeiter der Stasi gewesen zu sein. Das war nachweislich falsch.

Holm selbst hatte immer wieder erklärt, ihm sei zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst gewesen, dass er hauptamtlich tätig gewesen sei. Seinen Wehrdienst hatte er allerdings nicht, wie angegeben, beim Wachregiment Feliks Dzierzynski absolviert, sondern bei der Auswertungs- und Kontrollgruppe der Abteilung XX der Bezirksverwaltung Berlin des MfS. Damit war er als hauptamtlicher Mitarbeiter bei der Stasi angestellt.

Am Donnerstag hatte sich Holm gegenüber der Humboldt-Universität erklärt und eingeräumt, er sei Teil eines Repressionsapparats gewesen. „Diese historische Schuld nehme ich auf mich und bitte insbesondere diejenigen, denen in der DDR Leid zugeführt wurde, um Verzeihung.“ Die HU muss nun entscheiden, ob sich Holm mit seinen Angaben eines arbeitsrechtlichen Vergehens schuldig gemacht hat. Bislang hatte der rot-rot-grüne Senat den Verbleib Holms als Staatsekretär davon abhängig gemacht, ob Holm, der für seine Stelle im Senat nur beurlaubt ist, seine Stelle an der HU behalten darf oder nicht.

Inzwischen hat sich aus Sicht der SPD allerdings die Sachlage geändert. Weil sowohl Holm selbst als auch der Linken-Kultursenator Klaus Lederer eine politische Entscheidung statt einer arbeitsrechtlichen gefordert habe, habe man den Mittwoch nicht mehr abwarten müssen, heißt es aus der SPD.

Michael Müller erklärte, Holm habe in den letzten Wochen Gelegenheit gehabt, sich und seinen Umgang mit der eigenen Biografie zu überprüfen und zu entscheiden, ob er ein hohes politisches Staatsamt ausfüllen kann. „Seine Interviews und Aussagen in dieser Frage zeigen mir, dass er zu dieser Selbstprüfung und den dazugehörigen Rückschlüssen nicht ausreichend in der Lage ist“, so Müller. Damit sei deutlich geworden, „dass Herr Holm die ihm anvertrauten, für diese Stadt extrem wichtigen wohnungspolitischen Fragen nicht in dem notwendigen Maß erfüllen kann“.

Der Schritt Müllers war mit den Grünen abgesprochen. Inzwischen erklärte die grüne Wirtschaftssenatorin Ramona Pop: „Jetzt wird sich der Senat auf seine Arbeit konzentrieren.“ Stellungnahmen der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus und von Stadtentwicklungssenatorin Lompscher werden erwartet.

Die Nachricht von der bevorstehenden Entlassung Holms überraschte die Linkspartei mitten in einer Gremiensitzung über das Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2017. „Es ist völlig unverständlich, was Müller da macht“, sagte Parteichef Bernd Riexinger am Sonnabend der taz. Die Ko-Vorsitzende Katja Kipping sagte auf der anschließenden Pressekonferenz, auf der Programm und Spitzenteam vorgestellt wurden, man wolle sich zunächst nicht zu dem Fall äußern. Kipping hatte sich in einem Interview mit der Berliner Zeitung, das am Freitag veröffentlicht wurde, mit den Worten „Andrej Holm ist eine großartige Besetzung“ hinter den Geschassten gestellt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.