Steinmeier im Twitter-Interview: Wer fragt, bleibt dumm

Unter #FragSteinmeier versuchte sich der Außenminister im Twitter-Interview. Es gibt keine blöden Fragen und Antworten? Nun ja.

Telefonieren kann er – twittern noch nicht so gut: Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Bild: dpa

Für Frank-Walter Steinmeier war das „Twitterview“ eine Premiere und habe ihm „Spaß gemacht“, twitterte der Außenminister, als alles vorbei war. Vierzig Minuten lang widmete er sich einer Auswahl an Fragen, die er über den Account des Auswärtigen Amtes beantwortete.

Selbst besitzt der SPD-Politiker nämlich kein Profil bei Twitter, dafür aber bei Facebook. Ein User wurde auch auf sein Profil bei StudiVZ aufmerksam, was direkt zur Frage führte: „Wieso haben Sie auf Ihrem StudiVZ-Profil seit 3 Jahren nichts mehr geschrieben?“ Steinmeier widmete sich dann aber bevorzugt den Fragen zu Ebola, TTIP und der Ukraine. Insgesamt waren unter den circa 3.000 Tweets eine Menge interessanter Beiträge zusammengekommen. Wer da so schrieb, ließ sich in vier Gruppen einteilen. Eine Typologie.

1. Die Kollegen

Es ist kein Geheimnis, Politiker twittern gern. Ob Gregor Gysi, Volker Beck oder die gesamte Piratenpartei. Das „zeige, dass sich Politiker um einen direkten Austausch mit den Bürgern bemühen“, erklärte der Hamburger Medienforscher Steffen Burkhardt in einem Interview gegenüber stern.de.

Die Kollegen Christopher Lauer und die Parteivorsitzende der bayrischen Piraten Nicole Britz hatten kein Glück bei #FragSteinmeier. Beide bekamen keine Antwort auf ihre humorvollen Beiträge. Britz twitterte: „Wollen Sie wirklich Aussenminister von 80 Mio potentiellen Terroristen sein?

Lauer, der vor kurzem sein Ausscheiden aus der Piratenpartei über Twitter bekannt gegeben hatte, wollte wissen: „Werden Sie aufgrund geheimdienstlicher Erkenntnisse anderer Staaten erpresst? Wenn ja, von wem?

Die NSA-Spähaffäre zählt zu den größten Skandalen unter Steinmeier. Er hatte in seiner Zeit als Minister im Kanzleramt die Operation Eikonal mitverantwortet. Dabei wurden Daten vom BND an die NSA geliefert.

2. Die „paranoiden Nerds“

Nicht nur Lauer hatte Interesse an „Eikonal“. Richard Gutjahrs Tweet: „Haben Sie die Weitergabe der Internet-Daten sämtlicher Bundesbürger an die NSA genehmigt?“ wurde mehr als 300 Mal retweetet.

Ungemütliche Fragen kündigten sich schon in einem Beitrag von Rolf Weber an: „Ihr wisst schon, was ihr euch da mit den ganzen paranoiden Nerds antut?“ Digital Natives, die in 140 Zeichen über Datenschutz reden wollen, das hätte eine Zerreißprobe für den Twitter-unerfahrenen Außenminister werden können. Wer denkt, nun wird es aufregend, irrt jedoch, denn die Fragen werden „dort beantwortet, wo sie hingehören: im Untersuchungsausschuss", versicherte Steinmeier.

3. Die Presse

Ausweichende Politiker in Interviews sind für sie nichts Neues. Vielleicht gerade deshalb wollten zwei Medienvertreter sich an der Fragerunde mit Steinmeier beteiligen. Tagesschau und Rheinische Post wurden für ihre Tweets an #FragSteinmeier mit boshaften Kommentaren abgestraft. Einige Twitter-Nutzer meinten nämlich: „Liebe @tagesschau, @rponline @Volker_Beck und, und, und - auch wenn sie gute Fragen haben, ist #FragSteinmeier nicht eher 'für's Volk'?

Trotz Verständnis für den Unmut der User sprang Beck stellvertretend ein und twitterte: „ ... auch wir sind das Volk ... “.

4. Die Skurrilen

Nachdem Axel Stoll vor ein paar Monaten den „Strafplaneten Erde verlassen hat“ könnte man vermuten, die Sichtungen von Ufos, Flugscheiben und Außerirdischen würden stark zurückgehen. Exopolitik bewies das Gegenteil: „Hat das Auswärtige Amt ein Protokoll für einen mgl. Erstkontakt mit Außerirdischen und wenn ja, wie sieht es aus?“. Der Account führt zu einem „UFO-Verein“, der gern mal „über die Welt nach dem Erstkontakt“ twittert. Steinmeier war anscheinend nicht überrascht von seiner Begegnung der dritten Art und antwortete: „Wir bauen schon am Beamer“.

Ein reger Austausch begann bei den Themen 2-Staaten-Lösung für den Nahen Osten, Ukraine und IS, allerdings ohne Steinmeier. Seine Tweets befriedigten die Community nicht. Ob es daran lag, dass für Diskussionen keine Zeit war oder an den Verweisen auf Ausschüsse und Sonderbeauftragte, insgesamt wurde das „Twitterview“ im Nachhinein kritisch besprochen. Inhaltlich hätte dem Außenminister problemlos auch ein Tweet gereicht, was bei den Twitter-Usern nicht unbemerkt blieb. Emmanuelle twitterte: „#FragSteinmeier war interessant, wir haben gelernt, dass man auch in 140 Zeichen um den Brei herum reden kann.“ Es gibt halt nicht nur blöde Fragen, sondern auch die dazu passenden Antworten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.