Steinmeier zu Besuch in Kolumbien: Ein bisschen Frieden ansehen

Es ist wohl Steinmeiers letzte größere Reise als Außenminister. In Kolumbien verspricht er Unterstützung für die Umsetzung des Friedensvertrages.

Ein Mann auf einer Wiese geht auf einen Militärhubschrauber zu

In der Entwaffnungszone La Guajira bei Mesetas: Noch-Außenminister Frank-Walter Steinmeier Foto: dpa

BOGOTÁ (epd) | Bei dieser Reise geht es so freundlich zu wie im diplomatischen Geschäft üblich, vielleicht aber auch ein bisschen mehr. Kolumbien sei ihm ans Herz gewachsen, sagt Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) nach einer Begegnung mit seiner Amtskollegin María Ángela Holguín in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá. Auf der weiten und dennoch nur gut einen Tag langen Reise wirkt der Minister, der am 12. Februar wahrscheinlich zum Bundespräsidenten gewählt wird, gelöst. Ein wenig Wehmut sei auch dabei, heißt es aus der Delegation.

Die am Samstag beendete Kolumbienreise ist wohl Steinmeiers letzter großer Ausflug als Außenminister. Der Terminplan für die nächsten Tage und Wochen sieht nur noch Termine in Europa vor.

Dass sich Steinmeier für diese Reise Kolumbien ausgesucht hat, ist kein Zufall. Regierung und Farc-Rebellen ist es Ende November nach einem mühsamen Verhandlungsprozess und einem gescheiterten Referendum gelungen, ein Friedensabkommen zu besiegeln, dass den jahrzehntelangen blutigen Bürgerkrieg im Land beenden soll – ein Erfolg, der am Ende von Steinmeiers Amtszeit in anderen Regionen der Welt – trotz mühseliger Versuche des Ministers in der Ukraine und im Syrien-Konflikt – nicht abzusehen ist. So gönnt sich Steinmeier, könnte man sagen, kurz vor Schluss, noch ein bisschen Frieden.

Noch ist der in Kolumbien frisch. Auf der einen Seite ist die Euphorie groß, wie bei einem Treffen eines Teils der Delegation mit Vertretern zivilgesellschaftlicher Organisationen zu spüren war, die vor allem auf Gerechtigkeit für die Opfer von Gewalt, Vergewaltigung und dem gewaltsamen Verschwindenlassen hoffen. Auf der anderen Seite scheint der Frieden aber auch fragil. Mit der zweiten Rebellengruppe ELN gibt es noch keine Verhandlungen. Inwieweit das Friedensabkommen in allen Landesteilen auf Akzeptanz stößt und Versöhnung tatsächlich gelingen kann, vermag bei dieser Reise niemand zu prognostizieren.

Die Erfahrungen in internationalen Konflikten – und die Geschichte seines eigenen Landes – lassen Steinmeier in Kolumbien mahnende Worte wählen. Die Umsetzung des Friedensabkommens werde nicht leichter als die Verhandlungen dazu, sagt er. Er spricht von einer „Friedensbaustelle“, an der mit Hochdruck gearbeitet werden müsse. Dabei geht es unter anderem um die schwierige juristische Aufarbeitung und die Entschädigung der Opfer. Steinmeier sichert finanzielle Unterstützung zu. Deutschland beteiligt sich bislang mit drei Millionen Euro am eigens eingerichteten EU-Treuhandfonds, der 95 Millionen Euro umfassen soll. Zudem gibt die Bundesrepublik fünf Millionen Euro für einen weiteren UN-Fonds.

Helfen will Deutschland aber auch praktisch. Deutschland habe zweimal Erfahrungen mit dem Umgang mit der eigenen Vergangenheit gemacht, sagt Steinmeier. Dabei sei nicht alles richtig gemacht worden. Eine Blaupause für den Umgang mit Geschichte gebe es nicht, sagte er. An diesen Erfahrungen und Lehren will er Kolumbien nun teilhaben lassen – ohne sich aufzudrängen, wie er wiederholt betont.

Leisten soll diese Unterstützung ein deutsch-kolumbianisches Friedensinstitut, für das Steinmeier bei seinem Besuch das Startsignal gab. Wissenschaftler sollen dort den Friedensprozess praktisch begleiten, den Dialog mit der Zivilgesellschaft führen und die Verantwortlichen in der Politik beraten. Noch gibt es das Institut formell nicht. Die offizielle Gründung erfolgt erst, wenn Steinmeier nach aller Wahrscheinlichkeit das Amt des deutschen Staatsoberhaupts bekleidet. In Bogotá sicherte er aber zu, dass erste Projekte bereits im März starten sollen.

Für das Institut sollen kolumbianische und deutsche Universitäten und Friedensforschungseinrichtungen kooperieren. In den Dialog eingeschlossen werden soll auch die Zivilbevölkerung im Land, vor allem auch in den ländlichen Regionen. Nur mit ihrer Versöhnungsbereitschaft und ihrem Engagement ist am Ende tatsächlich Frieden möglich, weiß auch Steinmeier.

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