Steuerabkommen mit der Schweiz: Endgültig gescheitert

Das Schweizer Steuerabkommen ist in der Vermittlung hängengeblieben. Grüne und SPD fordern neue Verhandlungen für ein „gerechtes Abkommen“.

„Steuerbetrüger der letzten Jahrzehnte nicht belohnen“: SPD- und Grünen-Politiker sprechen vor der Sitzung. Bild: dpa

BERLIN/ZÜRICH rtr | Das umstrittene Steuerabkommen mit der Schweiz ist am Widerstand der von SPD und Grünen regierten Länder endgültig gescheitert. Der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und -tag konnte sich am Mittwochabend nicht auf einen Kompromiss einigen. Die Schweizer Bundespräsidentin und die eidgenössischen Banken bedauerten die Entscheidung. Die Union kritisierte, die rot-grünen Bundesländer verzichteten aus Wahlkampftaktik auf Milliardeneinnahmen.

Mit dem Abkommen sollte ein Schlussstrich unter den Kauf von gestohlenen Daten deutscher Steuerhinterzieher bei Schweizer Banken gezogen werden. Der Vertrag sah eine anonyme und endgültige Nachversteuerung von Schwarzgeld zu Sätzen zwischen 21 und 41 Prozent vor. Diese Altfallregelung sollte dem Fiskus rund zehn Milliarden Euro in die Kassen spülen. Künftige Kapitalerträge sollten wie in Deutschland zu rund 26 Prozent besteuert werden. Der Deutsche Bundesrat hatte dem Abkommen die Zustimmung verweigert. Im Vermittlungsausschuss wurde deshalb ein letztes Mal nach einem Kompromiss gesucht.

Stattdessen verabschiedete der Vermittlungsausschuss mit 19 zu zehn Stimmen eine Erklärung, in der die Bundesregierung aufgefordert wird, die Verhandlungen mit der Schweiz wieder aufzunehmen, „um ein gerechtes Steuerabkommen“ abzuschließen. Dieses dürfe „die Steuerbetrüger der letzten Jahrzehnte nicht belohnen“. Aus Gründen der Steuergerechtigkeit müsse eine höhere Belastung derjenigen erfolgen, die sich bisher besonders hartnäckig ihren steuerlichen Verpflichtungen entzogen hätten.

Im Bundesrat haben weder Union und FDP noch SPD und Grüne eine Ländermehrheit hinter sich. Die Schweiz hatte das Abkommen bereits ratifiziert. „Wir bedauern, dass Deutschland das unterzeichnete schweizerisch-deutsche Quellensteuerabkommen nicht ratifiziert“, sagte die Schweizer Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf. Im Verhältnis zu Deutschland blieben nun nur der wenig befriedigende Status Quo mit Zufallsfunden auf illegal erworbenen CDs sowie die Amtshilfe nach internationalem Standard. Neue Verhandlungen schloss sie aus. „Wir haben immer gesagt, dass es keine Nachverhandlungen geben wird.“

Grundfreibetrag steigt

Unions-Fraktionsvize Michael Meister, es sei nicht nachvollziehbar, dass diejenigen, die Kapitalerträge in der Schweiz hätten, nun nicht wie in Deutschland gleichmäßig besteuert werden sollten. Zudem verzichteten die SPD-Länder auf Milliardensummen: „Das zeigt eindeutig, dass wir mitten im Wahlkampf sind.“

Dagegen sagte der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter Borjans: „Die heutige mehrheitliche Entscheidung gegen dass Schweizer Abkommen ist richtig und gut.“ Es gebe inzwischen viele Signale aus der Schweiz, wie man zu einem besseren Ergebnis kommen könne, das eine wirklich faire und gerechte Besteuerung aller sicherstelle, sagte er.

Die Schweizer Parteien regierten unterschiedlich. Deutschland habe sich selbst einen Knieschuss beigebracht, sagte FDP-Präsident Philipp Müller. Das Nachbarland hätte auf einen Schlag flächendeckend alle unversteuerten Vermögen in der Schweiz erfassen können. Den Sozialdemokraten zufolge ist indes die Strategie von Banken und Regierung gescheitert. Nun sei es an der Zeit, in der Steuerfrage eine neue Strategie zu entwickeln, sagte SP-Präsident Christian Levrat.

Insgesamt lagen dem Vermittlungsausschuss in Berlin, dem jeweils 16 Vertreter von Bundestag und -rat angehören, fünf strittige Steuergesetze vor. Ebenfalls gescheitert ist die von Union und SPD angepeilte Steuerentlastung der Bürger ab 2013 in zwei Schritten um insgesamt 6,1 Milliarden Euro. Stattdessen kommt nur die verfassungsrechtlich sowieso vorgeschriebene Erhöhung des steuerfreien Existenzminimums 2013 und 2014 von 8.004 auf insgesamt 8.354 Euro. Dies kostet die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden Steuerausfälle von rund 2,5 Milliarden Euro.

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