Steuerhinterzieher verlangen Schadenersatz: "Die Bank soll die Differenz begleichen"

Hätte die Liechtensteiner LGT-Bank ihren Anlegern gesagt, dass ihre Kundendaten gestohlen wurden, hätten sie Amnestie beantragen können, sagt Rechtsanwalt Frommelt.

In Liechtenstein geht es nicht um Kleingeld Bild: ap

taz: Herr Frommelt, 770 reiche Bundesbürger sollen mit Hilfe von Banken in Liechtenstein Steuern hinterzogen haben. Deutsche Staatsanwälte ermitteln. Einige Steuersünder planen nun offenbar, die Liechtensteiner Fürstenbank LTG auf Schadenersatz zu verklagen. Vertreten Sie diese Personen als Anwalt?

Heinz Frommelt: Nein, deutsche Rechtsanwälte haben mich im Auftrag ihrer Mandanten gebeten, eine Einschätzung abzugeben. Es handelt sich um Voranfragen.

Welche Argumente führen die potenziellen Kläger ins Feld?

Die Argumentationslinie sieht so aus: Wenn die LTG-Bank ihre Kunden darüber informiert hätte, dass ihr 2002 Kundendaten gestohlen worden waren, hätten die Anleger die deutsche Steueramnestie des Jahres 2004 in Anspruch nehmen können. Dabei hätten sie weniger Geld bezahlt als jetzt im Zuge der Verfahren wegen Steuerhinterziehung. Die Differenz soll die Bank begleichen.

Der deutsche Springreiter und verurteilte Steuervermeider Paul Schockemöhle ist mit einer ähnlichen Argumentationslinie 2005 nicht durchgekommen - der Liechtensteiner Gerichtshof wies ihn ab. Warum wird jetzt ein neuer Versuch gemacht?

Weil es eine neue Sachlage gibt. Im Jahr 2004 hat die deutsche Bundesregierung eine Amnestie für Steuerflucht erlassen. Auf die konnte Schockemöhle sich nicht berufen. Sein Fall hatte sich vorher zugetragen.

Das Amnestie-Argument macht den Eindruck einer Hilfskonstruktion. Beschweren sich die potenziellen Kläger nicht eigentlich darüber, dass die LTG-Bank sie nicht ausreichend bei der Steuerhinterziehung unterstützte?

Sie fragen polemisch. Ich will mich lieber an die juristischen Argumente halten. Die deutschen Kunden werfen der Bank vor, sie habe ihrer Sorgfaltspflicht nicht Genüge getan.

Halten Sie es für legitim, wenn ein verurteilter Täter seine finanzielle Strafe per Schadensersatz refinanziert?

Da verweise ich auf das Urteil des Gerichtshofs von 2005. Das Gericht hat festgestellt, dass Schockemöhle kein ersatzfähiger Schaden entstanden sei. Es sei, salopp gesprochen, grundsätzlich nicht möglich, sich die legale Steuerschuld gegenüber dem einen Staat in Form von Schadenersatz zurückzuholen.

Wie beurteilen Sie die Erfolgsaussichten der möglichen Klage?

Sie kennen die alte Weisheit: Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand.

Was raten Sie den potenziellen Klägern?

Eine eingehende Prüfung. Das Risiko der Klageabweisung bleibt aber in jedem Fall.

Hat die Affäre der Steuerhinterziehungen dazu geführt, dass Liechtenstein jetzt mehr Informationen über Konten an ausländische Behörden übermittelt?

Liechtenstein ist mittlerweile dem Schengener Abkommen beigetreten, das grenzüberschreitende Rechtshilfe bei Steuerbetrug vorsieht. Das jetzt ausverhandelte EU-Betrugsabkommen geht in dieselbe Richtung.

INTERVIEW: HANNES KOCH

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