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Stichwahl in ChileRechtsextremer José Antonio Kast wird Präsident

Chile wählt den deutschstämmigen José Antonio Kast zum Präsidenten. Er ist Sohn eines NSDAP-Mitglieds, neunfacher Vater und strenggläubiger Katholik.

Unterstützer der linken Kandidatin Jeannette Jara nehmen das Ergebnis der Wahl in Chile auf Foto: Diego Reyes/reuters

ap/dpa | Der deutschstämmige Rechtspolitiker José Antonio Kast hat die Präsidentschaftswahl in Chile für sich entschieden. Nach Auszählung fast aller Stimmen gewann Kast 58,2 Prozent und besiegte damit die kommunistische Regierungskandidatin Jeannette Jara, die 41,8 Prozent der Stimmen erhielt.

In seiner Siegesrede rief Kast zu Ordnung auf den Straßen und in der Politik auf und betonte die Verantwortung, die mit dem Wahlerfolg einhergehe. „Wir laden Sie zu einer Reise ein, um Werte für ein angemessenes und gesundes Leben wiederzugewinnen“, sagte Kast. Als seine Anhänger Jara ausbuhten, unterbrach Kast diese und forderte „Respekt“ – ein ungewohnter Ton im Vergleich zum Wahlkampf. Bei Bekanntgabe des Ergebnisses brachen seine Anhänger in Jubel aus, riefen seinen Namen und hupten mit Autos durch die Straßen.

Jara gratulierte Kast zu seinem Wahlsieg und betonte, dass sie sich weiterhin für soziale Gerechtigkeit und ein besseres Leben in Chile einsetzen werde. „Gemeinsam und mit erhobenem Kopf, wie wir es immer getan haben“, schrieb sie in sozialen Medien.

Auch die Regierung unter US-Präsident Donald Trump lobte Kast umgehend. Unter Kasts Führung sei man zuversichtlich, dass Chile gemeinsame Prioritäten voranbringen werde, darunter die Stärkung der öffentlichen Sicherheit, die Beendigung illegaler Einwanderung und die Wiederbelebung der Handelsbeziehungen, erklärte US-Außenminister Marco Rubio.

Kast ist der Sohn eines NSDAP-Mitglieds aus Bayern

Der neunfache Vater und strenggläubige Katholik Kast stammt aus einer einflussreichen Familie. Mehrere seiner Geschwister waren wie er Abgeordnete oder Senatoren, ein Bruder diente während der Militärdiktatur von Augusto Pinochet als Präsident der Zentralbank. Sein Vater – ein ehemaliger Wehrmachtsoffizier und NSDAP-Mitglied aus Bayern – war nach dem 2. Weltkrieg nach Chile ausgewandert und hatte eine Fabrik für Fleisch- und Wurstwaren gegründet.

Der Rechtspolitiker hat ein hartes Vorgehen gegen Kriminalität und illegale Migration angekündigt. So will der Jurist die Grenzen stärker sichern, die irreguläre Einreise zu einer Straftat machen und Migranten ohne Papiere abschieben. Zudem kündigte er an, neue Gefängnisse zu bauen. Um die Wirtschaft anzukurbeln, will Kast die Unternehmenssteuer senken, auch die öffentlichen Ausgaben sollen deutlich sinken.

Kast steht auch für eine konservative Gesellschaftspolitik. Die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare und mehr Rechte für die Mitglieder indigener Völker lehnt er zum Beispiel ab. Kast relativierte auch die Verbrechen der Militärdiktatur und sagte etwa im Wahlkampf 2021: „Wenn Pinochet noch lebte, würde er mich wählen.“ Zuletzt mäßigte er seinen Ton allerdings und wurde dadurch für breitere Schichten wählbar.

Der Sieg Kasts markiert einen Wendepunkt für Chile. Er wird der erste ultrarechte Präsident seit der Rückkehr des Landes zur Demokratie im Jahr 1990, nach der Diktatur von General Augusto Pinochet. In den Jahrzehnten seither wechselten sich überwiegend gemäßigte Parteien der Rechten und der Linken an der Macht ab.

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