Stichwahl in Serbien: Tadic ist raus

Oppositionsführer Tomislav Nikolic gewinnt die Stichwahl um das Präsidentenamt gegen Boris Tadic. Zweifel an seinem politischen Kurs versucht er sofort zu zerstreuen.

„Sieg, Sieg“, freuten sich die Anhänger von Tomislav Nikolic. Bild: reuters

BELGRAD taz | Als der Sieger der Stichwahl um das Präsidentenamt Sonntagnacht feststand, waren sowohl die Mitläufer von Tomislav Nikolić als auch der Wahlstab von Boris Tadić erst einmal völlig perplex. Die einen, weil es dem ehemaligen Ultranationalisten endlich, im dritten Anlauf überraschend gelungen ist den „hübschen Boris, der die Medien kontrolliert“ und die „gesamte Staasmacht an sich gerissen hat“ zu schlagen und die anderen, weil ihr so weltmännisch, so zuversichtlich und souvären wirkender Chef, überhaupt „gegen so einen verlogenen Typ“, der „noch gestern die Albener aus dem Kosovo vertreiben wollte, und heute von europäischen Werten quasselt“ verlieren konnte.

Bei einer Wahlbeteiligung von 46,3 Prozent erreichte Nikolić 49,8 Prozent, während sich Tadić mit rund 47 Prozent von seinem dritten Mandat in Folge verabschieden mußte.

„Es gibt sie, die Gerechtigkeit Gottes“, war der erste Satz des neugewählten serbischen Präsidenten. In seiner Siegesrede gab sich Nikolić dann versöhnend, es lag ihm offensichtlich sehr daran beruhigend auf die Serben, Brüssel und Washington zu wirken und noch einmal zu zeigen, dass er nicht mehr der ultranationalistische Buhmann von früher ist. „Serbien wird von seinem europäischen Kurs nicht abweichen“, beteuerte Nikolić.

Tomislav Nikolic ist der überraschende Sieger in Serbien. Bild: reuters

Er sagte, dass er „das serbische Volk im Kosovo „beschützen“, und nicht für Kosovo als Bestandteil Serbiens „kämpfen“ würde. Er werde seine Funktion als Vorsitzender der Serbischen Fortschrittspartei (SNS) niederlegen – im Gegensatz zu Tadić, der gleichzeitig Staats- und Parteichef war – und „Präsident aller Bürger Serbiens“ sein. Inmitten seiner völlig ausgeflippten, euphorisch feiernden Mitläufer, wirkte Nikolić unwirklich gefasst: ab und zu ein Grinsen, ein gutmütiger Scherz, ein Mann eben, der felsenfest überzeugt ist erkämpft zu haben, was ihm zugesteht.

Während die Anhänger von Nikolić in ganz Serbien auf den Straßen feierten, hupend durch das Zentrum Belgrads fuhren und begeistert „Tomo, Tomo“ schrien, ließ sich der bisherige Amtsinhaber Tadić Zeit vor die Journalisten zu treten. „Ich gratuliere meinem Kontrahenten. Er hat fair gewonnen. Ich wünsche ihm alles Gute“, sagte er endlich mit fester Stimme und erstarrtem Gesicht. Er nahm die Verantwortung für die Niederlage auf sich und sagte, dass er nicht die Absicht habe Regierungschef zu werden. Tadić steht nach der Niederlage ein Parteiinterner Machtkampf bevor.

Nikolić’ Triumph ist die Krönung des Sieges seiner SNS bei den Parlamentswahlen vom 6. Mai. Obwohl es schien, dass eine Koalitionsregierung der zweit- und drittstärksten DS und der Sozialistischen Partei Serbiens (SPS) mit noch einem kleineren Partner sicher ist, sehen die Machtverhätnisse nach Nikolić’ überraschendem Sieg anders aus. „Nun ist alles viel komplizierter“, sagte SPS-Chef Ivica Dačić, man müsse den Volkswillen akzeptieren.

Staatspräsident Nikolić wird zuerst seiner Fortschrittspartei das Mandat zur Regierungsbildung anvertrauen, was Tadić im Falle seiner Wiederwahl nicht beabsichtigt hatte. Der Deal zwischen DS und SPS ging von Tadić’ Triumph aus, berichtet der belgrader TV-Sender B92.

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