Strafbarkeit von Homosexualität: Falsches Recht – Richtige Justiz?

Der Bundesrat tritt jetzt für die Rehabilitierung verfolgter Homosexueller ein. Die Bundesjustizministerin hält das für eine Verletzung der Gewaltenteilung.

Bis 1969 von Strafverfolgung bedroht und erst seit 1994 mit Heterosexuellen gleichgestellt: Schwule Männer. Bild: dpa

BERLIN afp | Der Bundesrat spricht sich für die Rehabilitierung verurteilter Homosexueller aus. Die Länderkammer stimmte dabei einem Antrag des Landes Berlin zu.

Die zuständige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) lehnt die Aufhebung der Unrechtsurteile jedoch aus rechtsstaatlichen Gründen ab. Bis 1969 war in Westdeutschland der sexuelle Verkehr zwischen Männern strafbar. Es drohten Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren.

In der DDR war die Strafbarkeit 1968 abgeschafft und auch vorher weniger streng gehandhabt worden. Rund 50.000 Männer wurde nach 1945 unter dem berüchtigten Paragrafen 175 verurteilt. Für viele bedeutete dies auch den Verlust der Arbeit und eine gesellschaftliche Ächtung.

Bisher wurden nur entsprechende Strafurteile aus der NS-Zeit aufgehoben. „Das ist inkonsequent“, so der Berliner Justizstaatssekretär Alexander Straßmeir (CDU). „Schließlich bestand der Paragraf 175 in der Nachkriegszeit unverändert fort.“ Die Berliner SPD/CDU-Koalition startete deshalb eine Initiative, um eine Aufhebung auch der Nachkriegsurteile zu erreichen.

Im Bundesrat war der Antrag am Freitag erfolgreich. Eine Mehrheit fand sich aber erst, nachdem auf Antrag von Nordrhein-Westfalen die Kritik am Bundesverfassungsgericht entfernt wurde. Karlsruhe hatte noch im Jahr 1957 den Paragrafen 175 als verfassungskonform gebilligt. Jetzt kommt es darauf an, ob die Bundesregierung und der Bundestag den breit getragenen Impuls des Bundesrats aufgreifen.

Verstoß gegen die Gewaltenteilung

Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger hat jedoch verfassungsrechtliche Bedenken. Es verstoße gegen die Gewaltenteilung, wenn der Bundestag Gerichtsurteile aufhebe. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, die Justiz habe damals etwas falsch gemacht, schließlich habe sie nur die damals geltenden Gesetze angewandt, heißt es in einer Stellungnahme des Ministeriums. Die Rechtsprechung dürfe nicht zum „Spielball der wechselnden Mehrheiten im Bundestag“ werden.

Den Berliner Staatssekretär Straßmeir überzeugt das nicht. „Es geht hier nicht um irgendwelche Gesetze, die inzwischen geändert wurden, sondern um echtes Unrecht. Wenn Urteile aufgehoben werden, die auf Unrecht beruhen, ist der Rechtsstaat nicht gefährdet, sondern wiederhergestellt.“

Leutheusser-Schnarrenberger hält eine Aufhebung der Urteile aber auch für unnötig. Der Bundestag habe schon im Jahr 2000 in einer Resolution ausgedrückt, dass die Menschenwürde der betroffenen Schwulen auch durch die Nachkriegsverurteilungen verletzt wurde. Außerdem habe sie 1994 einheitliche Schutzalter für homo- und heterosexuelle Jugendliche eingeführt und dabei den Paragrafen 175 endgültig aus dem Strafgesetzbuch gestrichen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.