Straßenschlachten in Griechenland: In der Nacht geht die Randale los

Zehntausend Griechen erinnerten an den von der Polizei erschossenen Alexis Grigoropoulos. Mehr als 200 Personen wurden festgenommen.

Sieht aus wie Magie, ist aber eine Straßenschlacht in Athen. Bild: dpa

ATHEN taz | Mit einer großen Kundgebung haben am Samstagabend Tausende Menschen in der Hauptstadt an den 15-jährigen Alexis Grigoropoulos erinnert, der vor sechs Jahren durch eine Polizeikugel im Autonomenviertel Exarcheia ums Leben kam. Auch in der nördlichen Metropole Thessaloniki gingen mehr als 6.000 Menschen auf die Straße.

Der Polizist, der auf Notwehr plädiert hatte, wurde 2010 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Dagegen hat er Berufung eingelegt. Die tödlichen Schüsse auf Grigoropoulos am 6. Dezember 2008 waren damals der Auftakt zu wochenlangen Jugendrevolten ungekannten Ausmaßes.

Am 6. Dezember gilt seitdem höchste Alarmbereitschaft für die griechische Polizei. In den letzten Jahren sind Gedenkveranstaltungen an Grigoropoulos weitgehend friedlich verlaufen. Doch am Samstag krachte es: Hunderte, teils vermummte Demonstranten schleuderten Steine und Molotowcocktails auf die Polizei, setzten Autos und Müllcontainer in Brand, schlugen Vitrinen ein.

Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas ein. Es kam zu Straßenschlachten im Exarcheia-Viertel, am Athener Verfassungsplatz direkt vor dem Parlament und selbst die Luxusmeile Voukourestiou-Straße blieb nicht verschont. Nach Polizeiangaben wurden bis zum frühen Sonntagmorgen mehr als 200 Personen festgenommen.

Der Freund im Hungerstreik

Dass die finanzielle und auch die politische Lage in Griechenland angespannt ist, könnte eine Erklärung für die Eskalation der Straßengewalt sein. Zudem wollte das Parlament ausgerechnet an diesem Sonntag den Sparhaushalt 2015 verabschieden. Doch entscheidend ist wohl etwas anderes: Ein enger Freund des erschossenen Schülers Grigoropoulos, der inzwischen 21-jährige Nikos Romanos, ist seit November im Hungerstreik und droht mit Selbstmord; sein Gesundheitszustand gilt als kritisch.

Romanos, der nach einem Bankraub 2013 zu 16 Jahren Gefängnis verurteilt wurde, will mit dem Hungerstreik erreichen, dass er sein Studium an der Universität Athen aufnehmen darf. Nach einem Treffen mit den Eltern von Romanos brachte Justizminister Charalambos Athanassiou einen Gesetzentwurf auf den Weg, der Häftlingen erstmals das Recht auf ein Fernstudium einräumt. Romanos reicht das jedoch nicht, er möchte persönlich im Hörsaal anwesend sein.

In einem offensichtlichen Versuch, die Lage zu deeskalieren, hat sich nun auch Regierungschef Antonis Samaras zu einem Treffen mit den Eltern des 21-Jährigen bereit erklärt, das voraussichtlich am Montagvormittag stattfindet. Sollte Romanos sein Leben im Gefängnis oder in der Nothilfe verlieren, dann hätte die autonome Szene Athens gleich ihren zweiten Märtyrer, neben Grigoropoulos.

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