Strategie der Linkspartei: Revolution wenigstens auf dem Papier

Die Parteichefs empfehlen der Linken mehr Distanz zu SPD und Grünen. Die AfD wollen sie in einem „offensiven Kulturkampf“ demaskieren.

Porträt Katja Kipping vor blauem Hintergrund

Die Parteivorsitzende Kipping wünscht sich mehr Radikalität Foto: dpa

BERLIN taz | Die Vorsitzenden der Linkspartei, Katja Kipping und Bernd Riexinger, rufen die Revolution aus. Zumindest auf dem Papier. Mit den Worten „Revolution für Gerechtigkeit und Demokratie“ ist ein Strategiepapier der linken Doppelspitze überschrieben, das der taz vorliegt. Darin machen die beiden Parteivorsitzenden Vorschläge, wie die Linke ihre Rolle neu definieren kann, um Wähler und Mitglieder zurückzuerobern.

Mit dem Revolutionspapier empfiehlt sich das Führungsduo für die Wiederwahl auf dem Parteitag Ende Mai. Dort wird auch die Frage auf der Tagesordnung stehen, wie sich die Linke künftig aufstellen soll, nachdem sie bei den Landtagswahlen im März all ihre Wahlziele verfehlt hat. Die Antwort von Kipping und Riexinger: radikaler werden. Der Begriff taucht gleich mehrfach auf.

„Kleine Kurskorrekturen innerhalb des neoliberalen Kapitalismus reichen nicht“, konstatiert das Führungsduo und ruft deshalb zur „Konfrontation mit den Reichen“ und zum Kampf für eine „radikale Besteuerung der Profite“, eine „radikale Umverteilung“ und auch für eine „radikale Kritik an der EU“ auf.

Keine ganz neuen Vorschläge, aber rhetorisch neu verpackt. Da ist zum einen das Spiel mit dem Wort „Revolution“. „Revolution ist heute nicht als Sturm auf das Winterpalais zu verstehen“, sagt Kipping der taz. Sie stellt aber klar: „Wir wollen Gegnerschaft klarer benennen.“Als Gegner machen Kipping und Riexinger neben den Begüterten und der EU auch die Alternative für Deutschland aus. Gegen die Ideen der AfD von Nation, Familie und Autorität setzt man auf einen „offensiven Kulturkampf“.

Klinkenputzen in Stuttgart

Die AfD hatte bei den jüngsten Landtagswahlen aus dem einstigen Stammwählerlager der Linken Zulauf bekommen und wurde bei ArbeiterInnen, Erwerbslosen und gewerkschaftlich Gebundenen stärkste Partei. Riexinger und Kipping wollen einen Teil dieser Menschen zurückgewinnen und zugleich Nichtwähler mobilisieren. „Was wir von Corbyn, Sanders und Podemos lernen können“ ist ein Absatz überschrieben, in dem Kipping und Riexinger eine Zuhörinitiative anregen.

Eine Strategie, die Riexinger selbst im Wahlkampf ausprobiert hat, als er in Stuttgart an Haustüren klingelte, um mit Bewohnern ins Gespräch zu kommen und sie auf Initiativen aufmerksam zu machen – etwa ein Mieterfrühstück. Mit solchen Aktionen will die Partei an ihre einstigen Erfolge als Kümmerpartei im Osten anknüpfen. Denn eine der Lehren, die Kipping und Riexinger aus dem Wahldesaster gezogen haben, heißt auch: „eben nicht staatstragend aufzutreten“.

Aus dem Positionspapier

„Es gibt kein linkes Lager der Parteien mehr“

Dazu passt, dass die beiden Parteichefs dem Projekt einer rot-rot-grünen Bundesregierung erst einmal Adieu sagen. Die Frage, ob Rot-Rot-Grün auch im Bund möglich sei, war lange Zeit diskutiert worden. Riexinger hatte das in der Vergangenheit auch beworben.

Nun konstatieren er und Kipping: „Es gibt kein linkes Lager der Parteien mehr.“ Man lasse die Grünen und die SPD nicht aus der Verantwortung, sagte Kipping. „Aber wir rennen ihnen auch nicht hinterher. Wir sind nicht in der Bittposition.“ Die Linke soll sich künftig als Motor eines Lagers der Solidarität verstehen. Grüne und SPD seien herzlich eingeladen, ein „grundlegender Kurswechsel“ vorausgesetzt.

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