Streit der Woche zum Zensus: Alle noch da?

2011 startet die nächste Volkszählung. Unnötig und riskant, meinen Datenschützer wie Thilo Weichert. Gert Wagner, Vorsitzender der Zensus-Kommission, widerspricht.

Kennen das Spielchen mit dem ordentlichen Durchzählen: Schafherde in Niedersachsen. Bild: dpa

Der Datenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, kritisiert die EU-weite Volkszählung ab Mai nächsten Jahres mit deutlichen Worten. Die Erhebung sei „aufwändig, teuer und – natürlich – eine Gefährdung für den Datenschutz der Menschen“, schreibt Weichert im Streit der Woche in der sonntaz. Zwar unterliege die durch den Zensus entstehende Datensammlung einer „absoluten Zweckbindung“, dennoch hält er sie für „heikel“. Im Übrigen für unnötig, da genügend statistische Daten vorhanden seien: „Nicht einsichtig ist für mich, weshalb diese aufwändige Aktion überhaupt durchgeführt wird“.

Der Zensus 2011 geht auf eine EU-Verordnung zurück und soll im kommenden Jahr in allen Mitgliedsstaaten starten. Für Deutschland wäre dies die erste Volkszählung seit über zwei Jahrzehnten. 1987 wurden die Bürger der BRD noch direkt befragt, was heftige Proteste und Boykotte auslöste. Dieses Mal soll dagegen ein „registergestütztes Verfahren“ angewandt werden. Dabei werden Daten aus Aktenschränken verschiedener Ämter gesammelt, maximal ein Drittel der BürgerInnen müssen Fragebögen ausfüllen.

Gerade dieses Vorgehen kritisiert die Künstlerin und Datenschutzaktivistin Rena Tangens. In der sonntaz schreibt sie: „Dieses Mal werden heimlich, still und leise Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammengeführt“. Es sei darum „naiv anzunehmen, der Zensus 2011 sei weniger schlimm als der in den Achtzigern, nur weil kein Zähler vor der Haustür steht“. Tangens, die in der kommenden Woche mit dem Verein FoeBud Verfassungsbeschwerde einlegen will, kritisiert: „Die Datensätze sind nicht korrekt anonymisiert“. So würden die Daten vier Jahre lang gespeichert und mit einer persönlichen Ordnungsnummer verknüpft.

Anderer Meinung ist Gert Wagner, der als Vorsitzender der Zensus-Kommission die Bundesregierung berät: „Was den Datenschutz angeht, ist das wasserdicht. Wenn das nicht alle wissen, müssen die Informationen über den Zensus offensichtlich verbessert werden“. Im Streit der Woche betont er den Nutzen der Erhebung für Finanzausgleich oder staatliche Planungen. Auch die Frage nach dem Migrationshintergrund hält er für sinnvoll. Dass die Lebenssituation der ZuwanderInnen endlich deutlich werde, „finde ich persönlich super!“, schreibt er.

Im Streit der Woche äußern sich zudem Manfred Güllner, Gründer und Geschäftsführer des Forsa-Instituts, Manuel Höferlin, Mitglied der FDP-Bundestagsfraktion, Thorsten Strufe, Entwickler des datensicheren Netzwerks Safebook, Christian Heller, Blogger in Berlin, sowie taz.de-Leser Malte Schott.

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