Streit der Woche: "Facebook ist eine Plage"

Für Ministerin Aigner ist Facebook zu einem internationalen Einwohnermeldeamt geworden. Für die Wirtschaft ist es ein wichtiger Kommunikationskanal.

Das beliebteste soziale Netzwerk der Welt steht in der Kritik der Datenschützer. Bild: imago/imagebroker

Facebook ist nicht böse, findet llse Aigner, CSU, Bundesministerin für Verbraucherschutz. "Soziale Netzwerke sind eine großartige Errungenschaft", schreibt sie in einem Gastbeitrag für das Wochenendmagazin der taz. Doch sie meldet auch Bedenken an. "Längst ist das Netzwerk so etwas wie ein internationales Einwohnermeldeamt", schreibt sie. Und genau da beginne das Problem: "Im Unterschied zu staatlichen Stellen ist der Datenschutz bei Facebook unzureichend."

Der netzpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, fordert die Bundesregierung auf, die Datenschutzgesetze zu verschärfen. "Die Bundesregierung ist hier national wie europäisch in der Pflicht." Für ihn ist es offenbar unzureichend, dass Aigner ihr Facebook-Profil aus Protest gelöscht hatte. Es brauche "klare gesetzliche Vorgaben zum Datenschutz anstelle hilflos wirkender symbolischer Austritte", meint von Notz. "Die Politik muss einen Rahmen vorgeben, der Facebook daran hindert, böse zu sein."

Um den Datenschutz sorgt sich auch die Berliner Medienanwältin Kathrin Schürmann. Der "Dschungel technischer Privatsphäreeinstellungen" sei vor allem für Jugendliche problematisch. "Bereits in der Vergangenheit ist Facebook aufgrund kontinuierlicher Veränderungen seiner technischen Abläufe und unwirksamen Formulierungen in Datenschutzerklärungen und Nutzungsbedingungen in den Fokus der Datenschutzbehörden gerückt", sagt Schürmann.

Die Industrie- und Handelskammer Schleswig-Holstein betont die Bedeutung von Facebook für die Wirtschaft: "Für unsere Mitgliedsunternehmen haben Social-Media-Anwendungen als Kommunikations- und Vertriebskanäle schon jetzt eine große Bedeutung", schreibt IHK-Jurist Marcus Schween. Er kritisiert insbesondere das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD), das Unternehmen dazu aufgefordert hatte, die "Like"-Buttons von ihren Webseiten zu löschen. Schween: "Es ist falsch, wenn ein Landesdatenschützer über Bußgeldandrohungen eine Insellösung durchsetzen will und dabei Bürger und Unternehmen gleichermaßen verunsichert." Dadurch entstünden Wettbewerbsnachteile für Unternehmen, zudem werde derem Innovationsgeist geschadet.

"Unsere Daten werden wir nie zurückbekommen, einen Missbrauch durch Dritte können wir nicht ausschließen", kritisiert der Medienkünstler Paolo Cirio. Er setzte Fotos und Daten von Facebook-Profilen auf eine Datingseite, um die Schwachstellen des Netzwerks offenzulegen. "In einer Zeit, in der Informationen über uns eine so wichtige Rolle spielen, ist Facebook zum interkontinentalen Waffensystem geworden", ist Cirio überzeugt. Sascha Adamek, Autor des Buchs "Die Facebook-Falle", ergänzt: "Böse kann Facebook nicht sein, es ist ein Phänomen und eine Plage."

Außerdem diskutieren im "Streit der Woche" der aktuellen sonntaz Miriam Meckel, Professorin für Kommunikationsmanagement an der Universität St. Gallen, Thomas Cloer, Journalist bei der Computerwoche, Sascha Adamek, Autor des Buchs "Die Facebook-Falle" und der taz-Leser André Baumert.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.