Streit um Autobahn-Gesellschaft: SPD-Linke gegen Privatstraßen

Bei den Sozialdemokraten wächst der Widerstand gegen die von der Koalition geplante Autobahn-Gesellschaft – auch die Bundesländer sind skeptisch.

blau und rot leuchten die Spuren auf der Autobahn

Der Deutschen größtes Heiligtum, die Autobahn: in staatlicher oder privater Hand? Foto: dpa

BERLIN taz | In der SPD zeichnet sich ein Streit über die neue Infrastrukturgesellschaft ab, auf die sich Bund und Länder im Grundsatz verständigt haben. Kurz bevor der entsprechende Gesetzentwurf an diesem Freitag im Bundeskabinett beschlossen werden soll, geht die Parlamentarische Linke der SPD auf Distanz zu den Plänen.

Der Zusammenschluss der linken Bundestagsabgeordneten der Partei stört sich vor allem daran, dass die neue Gesellschaft als privatrechtlich organisierte GmbH gegründet werden soll. Diese soll künftig für Bau und Betrieb von Autobahnen und einigen Bundesstraßen zuständig sein. Die Parlamentarische Linke fordert stattdessen eine Anstalt öffentlichen Rechts. Deren Vorteile lägen „in der besseren Transparenz, der parlamentarischen Kontrolle und dem abschließenden Ausschluss jeglicher Privatisierung“, heißt es in einem aktuellen Beschluss.

Auf Druck von SPD-Chef und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel ist im Gesetzentwurf bereits klargestellt worden, dass die Autobahnen und die Gesellschaft selbst nicht privatisiert werden dürfen. Möglich bleiben aber eine Privatisierung von Tochtergesellschaften der GmbH und Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP), also der private Bau und Betrieb von einzelnen Autobahnteilstrecken, die formal in öffentlichem Eigentum bleiben.

Auch diese ÖPPs sieht die SPD-Linke kritisch: „Wir teilen die Kritik des Bundesrechnungshofs, der privat finanzierten Autobahnbau als unwirtschaftlich ablehnt.“ Solche Projekte gibt es auch bisher schon. Sie könnten aber von einer privatrechtlich organisierten GmbH sehr viel leichter umgesetzt werden.

Gesellschaft wäre trojanisches Pferd zur Privatisierung

Auch in den Landesverbänden wächst die Kritik am Plan der Bundesregierung. Mecklenburg-Vorpommerns SPD-Ministerpräsident Erwin Sellering kritisierte am Mittwoch, dass bei der Infrastrukturgesellschaft spätere Autobahnprivatisierungen nicht ausgeschlossen seien. „Das wollen die Länder nicht“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Auch der Berliner Landesverband der SPD hat beim Parteitag am Montag einen klaren Beschluss gegen die aktuellen Pläne für die Infrastrukturgesellschaft gefasst. Die Partei werde deren Gründung nur zustimmen, wenn eine Reihe von Bedingungen erfüllt seien – darunter ein „gesetzliches Verbot der Durchführung von ÖPP-Projekten durch die Gesellschaft“.

Die Kritiker warnen vor einem „Trojanischen Pferd zur Autobahnprivatisierung“

Anderenfalls hätten Investoren bei der neuen Gesellschaft künftig freie Hand, solche Projekte in großem Umfang umzusetzen, kritisiert die Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe. „Eine wirksame parlamentarische Kontrolle findet nicht mehr statt“, sagte sie der taz. „Die Gründung der Autobahngesellschaft ist ein Trojanisches Pferd zur Autobahnprivatisierung.“

Die Chancen der SPD-internen Kritiker, Änderungen durchzusetzen, stehen dabei gut. Denn für die neue Organisation des Fernstraßenbaus, die zusammen mit der Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen beschlossen wird, muss das Grundgesetz geändert werden. Die dafür notwendige Zweidrittelmehrheit im Deutschen Bundestag wäre ohne die 90 Abgeordneten der Parlamentarischen Linken nicht vorhanden. Und die Länder können das Vorhaben im Bundesrat stoppen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.