Streit um Datenbank für Agrarbeihilfen: Subventionen wieder geheim

Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs sperrt Deutschland seine öffentliche Datenbank mit den Namen der Empfänger von EU-Agrarbeihilfen.

Was gibt es da zu verbergen? Bild: ap

Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner hat die öffentliche Internetdatenbank mit den Namen der Empfänger von EU-Agrarsubventionen in Deutschland sperren lassen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) habe ihre Bedenken gegen die Veröffentlichung bestätigt, teilte die CSU-Politikerin am Dienstag mit. Die Luxemburger Richter hatten wenige Stunden zuvor geurteilt, dass die Behörden aus Datenschutzgründen künftig nicht alle Empfänger veröffentlichen dürften.

Für Gegner des derzeitigen Subventionssystems ist das ein Rückschlag. Sie haben die Daten in der aktuellen Diskussion darüber benutzt, wie die jährlich rund 60 Milliarden Euro für die Landwirtschaft künftig verteilt werden sollen. Die Aktivisten kritisieren, dass die Beihilfen vor allem pro Hektar Land vergeben werden - also zum Beispiel auch an umweltschädliche Betriebe. Landwirte beeinflussen die Natur erheblich, denn sie nutzen mehr als 40 Prozent des Bodens in Europa.

Zudem bemängeln Kritiker, dass die Subventionen sehr ungerecht verteilt würden. Seit der ersten Veröffentlichung 2008/2009 ließ sich anhand von konkreten Beispielen zeigen, dass die größten Beträge nicht an Bauern, sondern an Handels- und Agrarkonzerne fließen. Denn die Datenbanken nennen Namen, Ort, Postleitzahl und Betrag fast aller Empfänger.

Zwei Landwirte aus Hessen sahen dadurch ihre Persönlichkeitsrechte verletzt und zogen vor Gericht - mit tatkräftiger Unterstützung des Deutschen Bauernverbandes. Die Ämter hätten personenbezogene Angaben veröffentlicht, ohne dass es dafür ein überwiegendes Interesse der Gesellschaft gebe.

Auch der EuGH ließ das Argument der EU-Kommission und des -Rates nicht gelten, wonach die Veröffentlichung notwendig sei, damit die Bürger wüssten, was mit ihrem Steuergeld passiere. Nach Meinung der Richter würde es reichen, nur die Namen bestimmter Empfänger zu veröffentlichen. Die Behörden könnten zum Beispiel danach entscheiden, wie lange ein Bauer Subventionen erhalten hat und wie viel er insgesamt kassiert hat. Da die EU das nicht getan hat, seien die entsprechenden Vorschriften unverhältnismäßig und damit ungültig.

Allerdings gelten diese Einschränkungen dem Urteil zufolge nicht für Firmen und andere Organisationen. "Die Verletzung des Rechts auf Schutz der personenbezogenen Daten hat nämlich bei juristischen Personen ein anderes Gewicht als bei natürlichen Personen", schreiben die Richter. Auch schloss der EuGH Schadenersatzklagen wegen bisheriger Veröffentlichungen aus.

Trotz des Urteils hätte Aigner nicht gleich alle Daten sperren müssen, bemängelte die Umweltorganisation Greenpeace. "Das Urteil erlaubt ausdrücklich, die Daten der juristischen Personen zu veröffentlichen", sagte Agrarexperte Martin Hofstetter. "Aigners Entscheidung ist völlig unverständlich. Jetzt wird wieder verheimlicht." Zudem forderte er eine neue EU-Verordnung zur Veröffentlichung, die vor Gericht Bestand hat. Sie könnte etwa vorschreiben, dass zumindest die Namen aller Bauern veröffentlicht werden, die mehr als einen bestimmten Betrag erhalten.

Ob sich die EU-Kommission darauf einlässt, ist unklar. Einer ihrer Sprecher sagte am Dienstag in Brüssel nur: "Die Kommission will weiter Details dazu veröffentlichen, was mit Steuergeldern passiert."

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