Streit um Gentech-Fische: Turbolachs soll auf den Tisch

Schneller, größer, gewinnbringender: In den USA wird über die Zulassung von Gentech-Lachsen gestritten. Die zuständige Behörde hält die Fische für genauso sicher wie "normalen" Lachs.

Legt innerhalb eines Jahres fünfmal so viel Gewicht zu wie "normaler" Lachs: der Gentech-Lachs Marke "AquAdvantage-Salmon". Bild: Pressematerial / www.aquabounty.com

In den USA könnte schon bald der erste genmanipulierte Lachs in der Auslage eines Supermarktes liegen. Schon vor mehreren Jahren hatte das kleine Biotech-Unternehmen Aqua Bounty Technologies aus Massachusetts einen Zulassungsantrag für den Gentech-Lachs gestellt. Vor kurzem hat die US-Gesundheitsbehörde, die Food and Drug Administration (FDA) eine erste Vorentscheidung getroffen. Die zentrale Aussage: Der Gentech-Fisch ist genauso sicher wie "normaler" Lachs.

Noch im September wird die FDA öffentliche Anhörungen durchführen, auf der Betroffene ihre Einwände gegen die Zulassung der Gentech-Lachse vortragen dürfen. Vermutlich wird es dann noch ein bis zwei Jahren dauern, bis die FDA die Zulassung bekannt gibt.

"AquAdvantage-Salmon" ist der Produktname des von Aqua Bounty im Labor entwickelten Lachses. Genau genommen handelt es sich dabei um den Atlantischen Lachs (Salmo salar). Diesem wurden zwei zusätzliche Gensequenzen in das Erbgut eingepflanzt. Vom Königslachs (Oncorhynchus tshawytscha) hat er ein Gen für ein zusätzliches Wachstumshormon bekommen.

Zudem hat der Aqua-Lachs noch eine Gensequenz aus den an kaltes Meerwasser angepassten barschartigen Fisch Zoarces americanus erhalten. Das Ergebnis ist ein Turbofisch, der ein beschleunigtes Wachstum aufweist. Er wir zwar nicht größer, erreicht sein Schlachtgewicht aber viel schneller.

Der Unterschied zu einem normalen Lachs sei, dass der gentechnisch veränderte Fisch innerhalb eines Jahres eine Gewichtszunahme von einem Kilogramm hat. Der unveränderte Lachs bringt hingegen in dieser Zeit nur ein Plus von 200 Gramm auf die Waage, erklärt Aqua-Bounty-Präsident Ron L. Stotish. "Das macht den Fisch billiger. Und er ist auch gut für die Umwelt", fügt er noch hinzu.

Stotish verweist dabei auf die zunehmende Überfischung der Ozeane und auf die wachsende Bevölkerung, die sich in zwanzig, dreißig Jahren auf rund 9 Milliarden belaufen werde. Sein Gentech-Fisch könne einen Beitrag dazu leisten, die Nahrungsmittelproduktion zu steigern.

Der Aqua-Bounty-Präsident ist sich sicher, dass von dem Genlachs keine Gefahr für Mensch und Umwelt ausgeht. Praktisch gebe es keinen Unterschied zu einem auf einer Fischfarm groß gewordenen Lachs, so Stotish.

Vorgesehen ist, dass der Lachs nur auf Fischfarmen weitab vom Meer gehalten wird. Das ist auch eine der Auflagen in der von der FDA vorgelegten Risikoabschätzung. Damit soll verhindert werden, dass die Lachse in offene Gewässer abhauen und sich dort mit den wildlebenden Populationen vermischen.

Befürchtet wird, dass Genlachse aufgrund ihres beschleunigten Wachstums einen Überlebensvorteil gegenüber ihren "normalen" Artgenossen haben und sich deshalb besser fortpflanzen könnten. Aber auch hier sei vorgesorgt worden: Es würden nur weibliche Fische gezüchtet, und diese seien zu 99 Prozent steril. Die Chance, dass sie sich ausbreiten könnten, sei damit "eigentlich null", versichert Stotish.

Vor allem bei Umwelt- und Verbraucherverbänden wird das bezweifelt. Aus der Lachszucht ist bekannt, wie leicht es passieren kann, dass Fische ausreißen. Über Land können Fische von Vögeln verschleppt werden. Durch die Sterilität der Fische wird zwar das Risiko reduziert, aber nicht ganz ausgeschlossen. Ein Tier von dem einen Prozent nicht steriler Fische reicht aus, damit sich die Gentech-Variante in den Lachspopulationen ausbreiten kann.

Ein Bündnis von über 30 Organisationen, unter anderen aus den Bereichen Umwelt- und Naturschutz, Verbraucherrechte und Tierschutz, wehren sich gemeinsam gegen die Zulassung des Gentech-Lachses. Sie befürchten, dass der Gentech-Lachs, der in der angelsächsischen Presse oftmals als "Frankenfish" bezeichnet wird, nur der Anfang ist. So soll auch schon ein Zulassungsantrag für ein gentechnisch verändertes Schwein in Vorbereitung sein.

Auch gesundheitliche Gefahren werden angeführt. So ist in den transgenen Fischen ein Hormon, der sogenannte Insulin-like growth-factor-1 (IGF-1), in erhöhter Konzentration vorhanden. IGF-1 ist bekannt dafür, dass er bei der Entstehung von Krebs beteiligt ist, auch beim Menschen. Aqua Bounty sagt, die Konzentrationserhöhung sei so minimal, dass kein erhöhtes Krebsrisiko bestehe.

Bei den Verbrauchern bleiben Zweifel. Eine Internetabstimmung der Washington Post ergab: Fast 80 Prozent wollen den Gentech-Fisch nicht. Sollte die FDA, wie von Experten erwartet, den Gentech-Fisch jedoch zu lassen, wird er vermutlich wie die anderen Gentech-Lebensmittel in den USA auch, ohne Kennzeichnung in den Handel kommen.

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