Streit um Hartz IV und Mieten: Rot-Rot ist sich nicht grün

Sozialsenatorin Bluhm (Linke) will die Mietobergrenze für Hartz-IV-Empfänger erhöhen. Ihren SPD-Kollegen wirft sie vor, die Maßnahme durch falsche Berechnungsgrundlagen zu blockieren.

Sozialsenatorin Carola Bluhm (Linke) hat einen Entwurf vorgelegt, nach dem die Mietunterstützung für Hartz-IV-Empfänger durch die Jobcenter noch vor der Wahl steigen könnte. Im Senat sei aber "derzeit keine Einigung möglich", so Bluhm am Donnerstag. Während sie eine Erhöhung für alle Bedarfsgemeinschaften plane, wolle die SPD den maximalen Zuschuss zu den Unterkunftskosten für Einpersonenhaushalte sogar senken. Grund seien unterschiedliche Berechnungsgrundlagen.

Die Unterstützung für Einpersonenhaushalte liegt in Berlin derzeit bei maximal 378 Euro. Obwohl die Mieten laut Mietspiegel seit 2009 um 7,9 Prozent gestiegen sind, sind die Richtwerte für Einpersonenhaushalte seit 2008, die für Zwei- bis Fünfpersonenhaushalte sogar seit 2005 nicht angepasst worden. Steigen die Mieten über den Richtwert, müssen Betroffene die Differenz entweder selbst zahlen oder in günstigere Gegenden umziehen. Statistiken belegen, dass es so zur Verdrängung ärmerer Menschen in Randbezirke kommt (taz vom 14. 7. 2011).

Daher müssten die Richtwerte für alle Haushaltsgruppen steigen, erklärte der Staatssekretär für Soziales, Rainer-Maria Fritsch (Linke) - im Falle der Einpersonenhaushalte auf 390 Euro. Die SPD-geführten Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und Finanzen legten bei ihrer Neuberechnung jedoch Wohnungen zugrunde, die den Bedarf nicht decken, kritisierte Fritsch. Dadurch kämen sie bei Einpersonenhaushalten sogar auf eine Senkung des Höchstbetrags auf 370 Euro. Erst ab einem Dreipersonenhaushalt solle die Unterstützung steigen.

Bluhm äußerte "komplettes Unverständnis, dass man sich nicht auf dieses sehr gute Konzept einigen kann". Es sei ein wichtiger Schritt, um die "Mischung in den Kiezen" zu erhalten, und mit Mehrkosten von 6,6 Millionen Euro auch verkraftbar.

Mathias Gille, Sprecher von Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD), sieht im Senat dagegen keine Differenzen: "Die Ressortzuständigkeit liegt allein bei Frau Bluhm." Zu den unterschiedlichen Berechnungsgrundlagen wollte er, wie auch die Senatsverwaltung für Finanzen, nichts sagen.

Ülker Radziwill, sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, sagte dagegen: "Der Senat in Gänze ist aufgefordert, nach Lösungen zu suchen." Sie sei dafür, die Unterstützung nur in betroffenen Bezirken zu erhöhen, etwa in Friedrichshain-Kreuzberg. Bluhm schloss das aus: "Es wird einheitliche Richtwerte für Gesamtberlin geben." Darin zumindest sei sich der Senat einig.

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