Streit um Nebeneinkünfte: Der Regierung geht's zu schnell

Die Opposition im Bundestag fordert eine genauere Offenlegung der Nebeneinkünfte von Abgeordneten. Doch die Koalition vertagte die Verhandlungen.

Die Opposition will's auf den Cent genau wissen. „Heller und Pfennig wird es nicht geben“, heißt es aus der Koalition. Bild: dpa

BERLIN taz | Glaubt man dem FDP-Mann Hermann Otto Solms, ist eine Einigung auf klarere Regeln für Nebenjobs von Bundestagsabgeordneten möglich. Auch Schwarz-Gelb könne sich „ein weitergehendes Stufenmodell“ vorstellen, so der Liberale zur taz. Der Streit dreht sich darum, welche Einkommen Parlamentarier veröffentlichen müssen. Bislang müssen sie nur bekennen, ob sie 1.000 bis 3.500 Euro pro Monat, 3.500 bis 7.000 Euro oder mehr nebenher verdient haben. Ob ein Politiker von einer Bank 8.000 Euro oder 80.000 Euro für einen Vortrag erhält, bleibt damit bisher unklar.

Solms ist Vorsitzender der Rechtsstellungskommission des Bundestages, die gestern tagte. Der Liberale glaubt bei allen Fraktionen „die Bereitschaft“ erkannt zu haben, sich „am nächsten Donnerstag in dem Gremium zu einigen“. Auch Michael Grosse-Brömer, parlamentarischer Geschäftsführer der Union, erklärte im Bundestag vollmundig: „Wir wollten schon immer mehr Stufen.“ Parlamentarier von SPD, Grünen und Linkspartei haben das etwas anders in Erinnerung, denn schon die Einführung des Dreistufenmodells wurde nur gegen den zähen Widerstand von Union und Liberalen durchgesetzt.

Dagmar Enkelmann, parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion, bewertet die Sitzung der Rechtsstellungskommission denn auch ganz anders als FDP-Mann Solms. „Es gab wie immer null Vorschläge von Schwarz-Gelb“, so Enkelmann zur taz. Seit zwei Jahren rede man, so die Klage von Grünen, SPD und Linkspartei unisono, über das Thema Transparenz bei Nebenjobs, ohne ein Millimeter voranzukommen.

Dass Solms am Donnerstag nun einen vagen Grundsatzbeschluss in Aussicht gestellt hat, hält Enkelmann nach der Debatte der letzen Wochen und dem schwarz-gelben Feuer auf Peer Steinbrück für Hohn. Angesichts der Blockade von Schwarz-Gelb sei es nahezu sinnlos, so Enkelmann, bei der Rechtsstellungskommission überhaupt noch zu erscheinen. Der grüne Volker Beck urteilt: „Schwarz-Gelb hat Transparenzvorstellungen aus Stahlbeton. Nach zehn Sitzungen über drei Jahre kann man nur sagen: Außer Spesen für Croissants nichts gewesen.

„Verschleppen, verzögern, verhindern“

Auch Thomas Oppermann, SPD-Fraktionsgeschäftsführer, nennt die Taktik von Schwarz-Gelb „verschleppen, verzögern, verhindern“. Ein SPD-Mann weiß, warum: In den Fraktionen von Union und Liberalen verdiene jeder Zweite ganz ordentlich dazu. Deshalb bremse Schwarz-Gelb, wo es nur geht.

Schwarz-Gelb wehrt sich vor allem dagegen, dass künftig die Honorare präzise auf Euro und Cent veröffentlich werden, inklusive Auftraggeber. Das bestätigt auch Solms. Angaben in Euro und Cent „wird es nicht geben“. Schwarz-Gelb will lieber ein Modell mit fünf bis acht Stufen bis zu Nebeneinkünften von 150.000 Euro – und im Gegenzug alle Einnahmen unter 1.000 Euro im Monat unter den Tisch fallen lassen. Das gilt bei Union und FDP als gesichtswahrende Lösung, die aus dem Dilemma führen soll, nach der Kritik an Steinbrück nun als Verhinderer von mehr Transparenz zu gelten. Man spielt auf Zeit.

Die Opposition hat sich, allen voran die SPD, auf eine Offenlegung auf Euro und Cent festgelegt. Nun muss sich zeigen, was sie dem schwarz-gelben Verzögerungskurs entgegensetzen kann. Der SPD-Mann Ulrich Kelber glaubt nicht, dass dies in den zuständigen Gremien gelingen wird. „Zur Not müssen wir namentlich im Bundestag über die Offenlegung auf Euro und Cent abstimmen“, so Kelber. „Dann muss sich jeder Abgeordnete in seinem Wahlkreis für seine Entscheidung rechtfertigen.“

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