Streit um Studiengebühren: Die Grenzen der Kulanz

Die Hochschule für bildende Künste bittet Boykotteure zur Kasse, nachdem sie Jahre lang einen kulanten Umgang mit Nicht-Zahlern pflegte. Das reißt alte Wunden auf.

Studiengebühren sind jetzt abgeschafft, doch rückwirkend müssen ausstehende Summen noch beglichen werden. Bild: dpa

Timo Janssen (Name geändert) hat sein Diplom an der Hamburger Hochschule für bildende Künste (HfbK) gemacht, arbeitet jetzt als Designer in Berlin und hat eigentlich seit zwei Jahren nichts mehr mit der Hochschule für bildende Künste zu tun.

Seit Anfang des Jahres erhält er Mahnungen von der Finanzbehörde Hamburg. Vor Kurzem wurde sein Konto gepfändet. Der Grund: Zwangsvollstreckung, da Janssen sich während seines Studiums geweigert hat, Studiengebühren zu zahlen.

So wie Janssen geht es auch anderen Boykottierern der unbeliebten Bildungsbeiträge. Zwar hatte ihr Protest gegen Studiengebühren an Hamburger Hochschulen Erfolg, doch die beitragspflichtigen Semester vor 2013 müssen dennoch bezahlt werden.

So sieht es jedenfalls der Landesrechnungshof, der nach seinem Jahresbericht 2013 die HfbK angewiesen hat, die fehlenden Gebühren einzufordern. Die HfbK muss nach der Ansage des Rechnungshofs ihren bisherigen Umgang mit Studiengebühr-Boykotteuren ändern.

Die Kunsthochschule wollte den Protestierenden zwar nie Gebühren erlassen, sucht aber dennoch nach Lösungen, „die Schützengräben zuzuschütten“, so der Pressesprecher des AStAs Till Garner. Am runden Tisch wurde 2011 nach Möglichkeiten gesucht, den Nicht-Zahlern entgegenzukommen. Das Ergebnis war ein alternatives Stundungsmodell, über das alle Protestler nachträglich ihre Gebühren stunden konnten – unabhängig vom Alter oder der Regelstudienzeit.

Dass es einen solchen Kompromiss je gegeben hat, wird von der Uni jetzt bestritten. Laut HfbK-Präsident Martin Köttering, hätte die Studierendenschaft da was missinterpretiert. Die HfbK sei nicht befugt, die rechtlichen Voraussetzungen für die Stundung zu zahlender Beiträge zu verändern. „Selbst wenn wir wollten“, sagt Köttering.

Der Vorwurf der Studierendenvertretung lautet: „Wir hatten den Eindruck, die Uni würde sich um Grauzonen bemühen, doch offensichtlich fehlt es ihr an politischem Rückgrad“, sagt Garner.

Die HfbK hat das Problem erst dadurch bekommen, dass sie – anders als andere Hamburger Hochschulen – Studiengebühren-Boykottierer ab 2007 nicht einfach exmatrikulierte. Der Präsident der HfbK, Martin Köttering, ließ boykottierende Studierende auf Grundlage des „universitären Ermessensspielraums“ weiter studieren. Deshalb vermisst er jetzt auch mehr Beiträge als andere Hamburger Hochschulen.

An der HfbK boykottierten 2009 nach Angaben des AStA 60 Prozent der rund 700 Studierenden die Gebührenpflicht. Schrittweise entschieden sich zwar viele zur nachträglichen Zahlungen über die Stundung oder bezahlten direkt, dennoch bestreikten im letzten gebührenpflichtigen Sommersemester 2012 immer noch 67 Studenten die Beiträge. „An anderen Hochschulen waren das lediglich Einzelfälle“, vergleicht Köttering.

Der Umgang der Kunsthochschule mit den Nicht-Zahlern war bislang recht kulant: „Viele Protestler waren in einer Art Warteschleife. Da kamen zwar regelmässig Mahnungen, aber das dümpelte eher so vor sich hin“, sagt der Studierendenvertreter Garner. Doch nach der Prüfung des Rechnungshofs, gibt die Uni die Fälle an die Finanzbehörde weiter.

„Die Hochschule ist bereit ihren Ermessungsspielraum auszunutzen, darüber hinaus gibt es aber keine Möglichkeiten“, so Köttering. Was 2011 mündlich verhandelt wurde, lässt sich nun nicht mehr beweisen. Es steht Aussage gegen Aussage.

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