Streit um Theaterstück: Rassismus? Ja, wo denn?

Um die Rolle eines schwarzen US-Amerikaners zu besetzen, verlässt sich das Steglitzer Schlossparktheater auf ganz viel Schminke. Im Internet hagelt es Kritik.

Palim, Palim? Dieter Hallervorden mit dem Plakat des Stücks. Bild: dpa

Rassismus auf der Bühne - mit diesem Vorwurf muss sich das Steglitzer Schlossparktheater auseinandersetzen. In dem Stück "Ich bin nicht Rappaport" spielt ein weißer Schauspieler mit viel schwarzer Schminke im Gesicht einen Afroamerikaner. Zu sehen ist diese Maskerade auch auf vielen Plakaten in der Stadt. Schwarze Deutsche erkennen darin "Blackfacing", eine rassistische Schauspieltradition der USA.

"Ich bin nicht Rappaport" von Herb Gardner ist ein beliebter Stoff, 1996 wurde er mit Ossie Davis und Walther Matthau auch verfilmt. Der Hausmeister Midge und sein Freund Nat, beide Anfang 80, treffen sich auf ihrer Bank im Central Park und versuchen gemeinsam, den Widrigkeiten des Lebens zu trotzen. Davis, der im Film den schwarzen Midge verkörpert, war selbst engagierter Bürgerrechtler. Das Stück ist ein Plädoyer für Freundschaft und gegen Rassismus. In der Steglitzer Inszenierung wird der weiße Nat von Dieter Hallervorden gespielt, die Rolle des Midge übernimmt Joachim Bliese. Am Samstagabend hatte das Stück Premiere.

Nachdem das Theater im Vorfeld auf seiner Facebook-Seite das Plakat mit Hallervorden und Bliese gepostet hatte, flammte die Debatte auf: "Wohl nicht geschafft, einen Schwarzen Schauspieler zu engagieren?", fragt eine Userin ironisch. Sie ist nicht die einzige, die ihren Unmut äußert. Viele protestieren im Netz gegen die Maskerade.

Sie erkennen eine Traditionslinie bis zu den "Minstrel Shows" des 19. Jahrhunderts, bei denen in den USA schwarz angemalte Schauspieler zur Belustigung des Publikums den naiven bis debilen "Neger" gaben. Aber auch in aktuellen Produktionen werden Schwarze durch ein "Blackface" dargestellt - etwa 2005 am Renaissance Theater oder 2010 an der Deutschen Oper. Proteste gab es damals aber nicht.

Auf Facebook weisen die Theaterleitung und Regisseur Thomas Schendel die Vorwürfe empört zurück. Man habe keinen geeigneten schwarzen Schauspieler gefunden. Auch folge die Besetzung weißer Schauspieler als Schwarze "einer langen Theatertradition im deutschsprachigen Raum, die nicht rassistisch ist."

Für Aufruhr sorgte die Begründung der Theatermacher, warum es kaum schwarze Schauspieler an deutschen Ensemble gebe: "Allein deswegen, weil das Stückrepertoire ihnen zu wenige Rollen in einer Spielzeit bieten könnte, die ein Festengagement rechtfertigen."

Sheila Mysorekar von der Initiative Schwarze Deutsche (ISD) erkennt in der Haltung des Schlossparktheaters "völlige Ignoranz betreffs rassistischer Traditionen und ihres historischen Kontextes". Im Fernsehen etwa träten genug afrodeutsche Schauspieler auf. Wenn das Theater erkläre, es gäbe nicht genug Rollen für schwarze Schauspieler, um sie permanent zu engagieren, halte es die Theaterleitung offenbar für unmöglich, Rollen wie Hamlet oder Maria Stuart mit Afrodeutschen zu besetzen. "Aber wer weiß - vielleicht möchten sie die schwarzen Schauspieler mit weißer Farbe anmalen, und dann geht es."

Proteste bei der Premiere gab es nicht. Auf Blogs und der Facebook-Seite "Schluss mit rassistischen Blackface-Aufführungen" wird die Haltung des Schlossparktheaters jedoch weiterhin lebhaft diskutiert. Viele fordern eine Stellungnahme der Leitung. Diese postete jedoch nur "an alle Foristen, die sich jetzt schon so schön aufregen", das Stück sei bereits 2005 im Renaissance-Theater mit einem weißen Schauspieler ohne Widerspruch gelaufen. "Mit den Rassismus-Vorwürfen liegt ihr alle total daneben!"

Was nicht rassistisch gemeint ist, kann auch nicht rassistisch sein, so die Logik der Theaterleitung. Telefonisch war sie am Sonntag für die taz nicht zu erreichen.

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