Streit um Windenergie: Die größte Chance des Nordens

Vier Nordländer eröffnen eine Repräsentanz in Berlin, um die Energiepolitik stärker zu beeinflussen.

Wer soll am Wind verdienen? Robert Habeck (l.) und Peter Altmaier im Wattenmeer. Bild: dpa

HAMBURG taz | Der Norden zeigt Flagge in Berlin. Mit einem am Freitag eröffneten gemeinsamen Büro in der Hauptstadt will die Offshore-Wind-Industrie-Allianz (OWIA) mehr Einfluss auf energiepolitische Entscheidungen nehmen. Zur Allianz, die insgesamt 550 Unternehmen vertritt, gehören Netzwerke aus Hamburg, Niedersachsen und Bremen sowie aus Mecklenburg-Vorpommern. Die schleswig-holsteinische Windcomm prüfe einen Beitritt im kommenden Jahr, sagte Ingrid Nestle, Staatssekretärin des grünen Energieministers Robert Habeck.

Die Offshore-Windenergie ist nach Ansicht von Andree Iffländer, Chef des Wind Energy Network aus Mecklenburg-Vorpommern, die größte Chance, die der Norden seit langem hatte. Er schätzt das Potenzial auf rund 100 Milliarden Euro. Das seien nur die Investitionen in die Windparks selbst sowie deren Anbindung ans Land, für den Ausbau der Infrastruktur in Häfen und der Industriestandorte. Nicht mit dabei sei der Netzausbau, um den Strom vom Norden in die Industriezentren im Westen und Süden der Republik zu transportieren.

Auf hoher See schaffen Windenergieanlagen nahezu doppelt so viele Volllaststunden wie an Land. Es seien nur wenige Tage im Jahr, an denen kein Strom produziert werden kann. „Diese Stromquelle darf man aus ökonomischer Vernunft nicht ungenutzt lassen“, sagt Iffländer.

Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) sagte, die norddeutschen Länder würden sich „gemeinsam dafür einsetzen, dass Hemmnisse bei Bau und Netzanschluss von Offshore-Windparks beseitigt werden“. Es dürfe nicht sein, „dass rechtzeitig erfolgte Netzanbindungen an Problemen des Übertragungsnetzbetreibers scheitern“. Die norddeutschen Länder hätte ihre Linie gegenüber dem Bund deutlich gemacht.

Nachdem Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) jüngst mit seiner Forderung nach einer Drosselung des Windenergie-Ausbaus für Aufregung gesorgt hat, müsse die Branche jedoch aufpassen, dass es keinen Riss gibt, sagte Iffländer. „Es sind schon Milliarden Euro in diese Technik geflossen, die Industrie braucht verlässliche und stabile Rahmenbedingungen.“

Altmaier gehe es „nicht um die Energiewende, sondern darum, wer daran verdient“, so Detlef Matthiessen, grüner Landtagsabgeordneter in Schleswig-Holstein. Aus dessen Sicht betrieben „mit Bauern und Bürgern die Falschen das Geschäft“, vermutet Matthiessen: „Altmaier versucht, den Profit von RWE, Eon und Co. zu retten.“

Unterdessen scheiterte Mecklenburg-Vorpommern am Freitag im Bundesrat mit einem Vorstoß zur Entlastung der Branche von Haftungsrisiken. Der Forderung, die Unternehmen bei Verzögerungen der Netzanbindung von Meereswindparks nur im Fall grober Fahrlässigkeit in die Pflicht zu nehmen, schlossen sich mit Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein, Brandenburg und dem Saarland lediglich fünf Länder an. Auch das Küsten- und Windkraftland Niedersachsen stimmte nicht zu. „Das ist ein Investitionshindernis bei der Offshore-Windkraft“, bedauerte Schwerins Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD).

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