Streit um ZDF-Chefredakteur Brender: Staatsstreich in Mainz

Vor der Verwaltungsratsentscheidung über die Zukunft von ZDF-Chefredakteur Brender regt sich Protest gegen CDU/CSU.

Um die Person Brender selbst geht es bei der Auseinandersetzung um seine Zukunft nur noch am Rande. Bild: dpa

Die Union steht geschlossen gegen Brender, und Deutschlands Verfassungsrechtler stehen - relativ - geschlossen gegen den dreisten Versuch von CDU/CSU, beim ZDF den Durchmarsch zu proben. Ob der Protest der 35 Staatsrechtler in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung Wirkung zeigt, liegt nun bei den kleinen Parteien, zu denen neuerdings ja auch die SPD gehört.

Seit Februar herrscht hinter den Kulissen des angeblich staatsfernen öffentlich-rechtlichen ZDF Krieg, er macht sich fest an der Person des Chefredakteurs: Der Vertrag des obersten ZDF-Journalisten Nikolaus Brender, 60, soll nach dem Willen von Intendant Markus Schächter noch einmal für fünf Jahre verlängert werden. Das wiederum will die Union, die in den ZDF-Gremien über solide Mehrheiten verfügt, um jeden Preis verhindern. Ihr Instrument ist der ZDF-Verwaltungsrat, der am Freitag zur entscheidenden Sitzung zusammenkommt. In ihm dürfen per Gesetz sechs waschechte politische Strippenzieher sitzen - aktuell sind das vier von CDU/CSU und zwei der SPD. Die Mehrheit im Gremium liegt bei den neun Repräsentanten, die der Fernsehrat des ZDF in den Verwaltungsrat entsendet. Der Fernsehrat, in dem die berühmten gesellschaftlich relevanten Gruppen vertreten sind, kontrolliert den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Der ZDF-Fernsehrat steht auch hinter seinem Intendanten und dessen Personalvorschlag. Doch im Verwaltungsrat werden aus den Fernsehräten nun parteipolitische Funktionäre, dass es einen graust.

Um die Person Brender selbst geht es mittlerweile nur noch am Rande - sondern darum, wem der öffentlich-rechtliche Rundfunk gehört: der Politik, wie Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) unverhohlen erklärt, oder der Gesellschaft, den GebührenzahlerInnen - uns.

Klage tut not, doch ein Gang zum Bundesverfassungsgericht steht nur den ZDF-Gremien inklusive Intendant zu - die dies bislang scheuen. Und auch die Politik könnte sich selbst entmachten: Ein Drittel der Bundestagsabgeordneten könnte per Normenkontrollverfahren in Karlsruhe überprüfen lassen, wie es um die wirkliche Staatsferne beim ZDF bestellt ist.

Von der Union ist das nicht zu erwarten, die SPD laviert - schließlich übt sie in den Gremien von ZDF wie ARD auch noch den ein oder anderen Einfluss aus, den sie nicht missen möchte. Die SPD-Medienkommission hat gestern beschlossen, das Ergebnis am Freitag abzuwarten und dann mit Rundfunkrechtlern "realistisch über Konsequenzen zu beraten".

FDP, Grüne und Linke zusammen - was für eine Ampel - könnten das Signal auf Rot stellen, allein steckt die FDP nicht nur im Berliner Koalitionszwang fest. Und auch bei der Linken tut man sich erstaunlich schwer in Sachen ZDF. Für die neue, frisch in den Bundestag eingezogene medienpolitische Sprecherin der Grünen, Tabea Rößner, kein Grund zu Pessimismus: "Ich sehe große Chancen, nach dem Brief der Verfassungsrechtler über die Parteigrenzen hinweg etwas zu erreichen", sagte sie der taz. "Wer unabhängigen Journalismus will, muss jetzt handeln - das betrifft ausdrücklich auch die gesellschaftlichen Gruppen in den ZDF-Gremien." Rößner weiß, wovon sie spricht: Vor der Wahl arbeitete sie als Journalistin und Redakteurin - beim KiKa und beim ZDF.

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