Streit um den Völkermord an Armeniern: Türkei kündigt EU-Kulturprogramm

Schon wieder gibt es Streit um die Aufarbeitung des Massakers an den Armeniern. Ein deutsch-türkisches Musikprojekt verärgert die Türkei über die Maßen.

Ein Mann und eine Frau stehen vor dem türkischen Parlament in Ankara

Wieder not amused in der Türkei – diesmal geht es um ein Musikprojekt der Dresdner Sinfoniker Foto: dpa

BERLIN dpa | Die Türkei hat Berichten zufolge das EU-Kulturprogramm wegen des umstrittenen Konzertprojekts „Aghet“ der Dresdner Sinfoniker aufgekündigt. „Die Türkei hat einseitig beschlossen, das Programm „Kreatives Europa“ zu verlassen“, sagte ein Sprecher der EU-Kommission der Bild am Sonntag. Die regierungsnahe türkische Zeitung Habertürk hatte schon am vergangenen Montag berichtet, Grund für das Verlassen des Programms sei das umstrittene Projekt „Aghet“. Eine offizielle Bestätigung von türkischer Seite lag zunächst nicht vor.

Die Initiatoren des Projekts – der Intendant der Dresdner Sinfoniker, Markus Rindt, und der deutsch-türkisch-armenische Komponist und Gitarrist, Marc Sinan, – verurteilten die Entscheidung. Die Reaktion der türkischen Regierung treffe vor allem die türkischen Künstlerinnen und Künstler, die von der finanziellen Förderung des EU-Kulturprogramms profitierten, hieß es in einer am Sonntag verbreiteten Mitteilung.

„Es ist ein perfider Akt der türkischen Regierung, eine Versöhnungsinitiative als Vorwand zu nutzen, um türkische Künstler zu bestrafen“, teilten die Initiatoren mit.

Das von der EU unterstützte Projekt war zum 100. Jahrestag der Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich initiiert worden. Die Türkei als Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reichs hatte dagegen auf EU-Ebene protestiert und damit vielfach Empörung ausgelöst. Ankara wehrt sich vehement gegen die Einstufung der Massaker als Völkermord.

Bundesregierung nannte Resolution „nicht verbindlich“

Erst kürzlich hatten Deutschland und die Türkei ihren Streit um die Armenien-Resolution des Bundestags beigelegt. Die Türkei hat den Besuch von Bundestagsabgeordneten bei den Bundeswehrsoldaten auf der türkischen Luftwaffenbasis Incirlik monatelang blockiert und erst vergangene Woche wieder erlaubt. In der Armenien-Resolution hatte der Bundestag die Massaker an den Armeniern 1915/16 erstmals als „Völkermord“ bezeichnet. Erst nachdem die Bundesregierung die Resolution als rechtlich nicht verbindlich erklärte, entspannte sich die Lage.

Bei dem Konzertprojekt „Aghet“ spielen deutsche, türkische und armenische Musiker zusammen. Das Stück soll im November in Istanbul und der armenischen Hauptstadt Jerewan aufgeführt werden. Das EU-Kulturprogramm, das die Türkei 2014 unterzeichnet hat, fördert Künstler europaweit mit insgesamt 1,46 Milliarden Euro über sieben Jahre.

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