Ströbeles Kandidatur: Er macht's nochmal

Hans-Christian Ströbele will noch einmal für Berlin-Kreuzberg in den Bundestag. Von den Grünen kommen gemischte Reaktionen.

Er will es nochmal wissen: Hans-Christian Ströbele. Bild: dapd

BERLIN taz | Eitel Sonnenschein im grünen Kreuzberg: Einen Tag nachdem Partei-Ikone Hans-Christian Ströbele ankündigte, noch einmal für den Bundestag kandidieren zu wollen, zeigt sich sein Bezirksverband in Hochstimmung. „Wir freuen uns extrem, dass er seine Erfahrung noch mal einbringt“, frohlockt Sprecherin Gesine Agena.

Am Dienstagabend hatte Ströbele seinen Wiederantritt auf einer Sitzung des Bezirksverbands verkündet. „Ich will mich noch mal bei euch bewerben“, sagte er. Gleichzeitig bekannte er erstmals öffentlich, im Sommer Prostatakrebs diagnostiziert bekommen zu haben. Die Krankheit sei aber heilbar, versicherte Ströbele. Er sei von einer Genesung bis Ende November „überzeugt“, wolle sich dann seiner Kandidatur widmen.

Seit Wochen war gerätselt worden, ob der 73-Jährige noch einmal antritt. Seit 1998 sitzt Ströbele im Bundestag, seit 2002 mit Direktmandat – bei den Grünen einmalig. 2005 und 2009 verteidigte der Jurist seinen Wahlkreis mit deutlich über 40 Prozent der Stimmen.

Aktuell sitzt er im Rechts- und im Auswärtigen Ausschuss sowie im Untersuchungsausschuss zur NSU-Neonazizelle. „Ich will unsere Bundestagsfraktion nicht alleinlassen“, begründete Ströbele seine Entscheidung. Bei den Themen deutsche Kriegsbeteiligungen und Finanzkrise könne er für die Partei eine „wesentliche Rolle“ spielen. Ebenso in der Aufarbeitung „des völligen Versagens der Sicherheitsbehörden“ in der NSU-Mordserie. Die zuhörenden Grünen-Mitglieder applaudierten.

Wichtiger Charakter

Auch aus der Bundestagsfraktion kommt am Mittwoch Zustimmung. Ströbele sei „ein eigener Kopf, der zum Charakter der Partei und Fraktion viel beiträgt“, lobt Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck.

In der Partei macht intern auch Skepsis die Runde, ob der Dauerabgeordnete Ströbele nicht Jüngeren weichen sollte. Auf der Berliner Landesliste zum Bundestag fand Ströbele schon 2002 keine aussichtsreiche Berücksichtigung. „Ich bewundere, dass er sich das noch mal zutraut“, sagte Grünen-Landeschefin Bettina Jarasch. „Es gehört aber auch zu einem guten Politiker, sich darum zu kümmern, was nach einem kommt.“

Die Kreuzberger Grünen loben Ströbeles Bundestagsengagement. „Seine mutige Politik dort ist momentan wichtiger als Verjüngung“, sagt Agena. „Alter ist kein Wert an sich.“ Werner Heck, Mitglied im geschäftsführenden Ausschuss der Bezirksgrünen, bezweifelt, dass ein Alternativkandidat schnell das Ansehen Ströbeles erarbeiten könne. Als Nachfolger gehandelt wurde Dirk Behrendt, 41-jähriger Grüner im Berliner Abgeordnetenhaus. Der betont, das Wichtigste sei, dass Ströbele schnell gesund werde. Dass ein Parteimitglied ernsthaft gegen die Grünen-Ikone antreten werde, glaube er nicht.

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