Stromnetze in Berlin: Senat vertagt Debatte

Die Stromnetz-Vergabe soll erst nach Anschauungsunterricht vor Gericht weitergehen: Gecheckt wird dort die Gasnetz-Vergabe, um Fehler zu vermeiden.

Natürlich geht es auch um Geld - das des Landes und das der Verbraucher Bild: dpa

Ein Termin im Landgericht in der Littenstraße soll dem Senat am nächsten Dienstag um 11.00 Uhr Entscheidungshilfe beim Berliner Stromnetz geben. In Raum 2.709 geht es zwar nicht um das Strom-, sondern um das Gasnetz, das der Senat im Sommer an die landeseigene Berlin Energie vergab. Doch weil die Vergabeverfahren ähnlich gestrickt sind, gilt der Termin als richterlicher Check, um nicht möglicherweise ähnliche Fehler zu machen wie beim Gasnetz. Dort unterlag der bisherige Betreiber Gasag zwar, fühlte sich benachteiligt und klagte.

Ursprünglich wollte die SPD-Seite in der Landesregierung das Thema in der Senatssitzung am gestrigen Dienstag behandeln und einen weiteren Verfahrensschritt beschließen. Der CDU hingegen war das zu eilig, sie lehnte ab. Angeblich krachte es am Montag heftig in der Koalition – und das nur zehn Tage vor der Wahl des Neuwahl des Regierenden Bürgermeisters im Abgeordnetenhaus. Kurz vor Beginn der Senatssitzung am Dienstag aber kamen die führenden Köpfe zusammen und vereinbarten Vertagung hinter den Gerichtstermin auf den 16. Dezember.

Bemerkenswert: Teilnehmer waren nach Angaben aus Koalitionskreisen der künftige Regierende Michael Müller und Innensenator Frank Henkel sowie die Fraktionschefs Raed Saleh (SPD) und Florian Graf (CDU), nicht aber der Noch-Regierende Klaus Wowereit.

SPD-Vize-Fraktionschef und Wirtschaftsexperte Jörg Stroedter hält die Verschiebung zwar für falsch, weil man das Vergabeverfahren schon aus Kostengründen zügig beenden müsse. „Diese zwei Wochen können wir jetzt auch noch abwarten, aber dann muss es weiter gehen“, sagte Stroedter der taz. Bei der CDU hingegen geht man davon aus, dass vor Januar 2015 nichts mehr passieren wird.

Das Vergabeverfahren für das Stromnetz hatte im Oktober schon kurz vor dem Abschluss gestanden, bis der Senat es vorerst stoppte. Offiziell hieß es, die letzten verbliebenen Bieter hätten um Nachbesserungen bei den Vergabekriterien gebeten. Inoffiziell befürchtete man in der Landesregierung dem Vernehmen nach, das Verfahren könnte aktuellen Ansprüchen und jüngsten Gerichtsentscheidungen zu ähnlichen Verfahren nicht stand halten. Zudem wollte man auch den Anschein einer Befangenheit von Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) ausschließen, der privat an einem Energiehändler beteiligt ist.

Hintergrund der Vergabeverfahren ist, dass durch die Liberalisierung des Energiemarkts die Netze für Strom und Gas alle zehn bis fünfzehn Jahre auszuschreiben sind. Wer den Zuschlag bekommt, muss zwar jährlich einige Millionen als Konzessionsgebühr an das Land zahlen. Dafür kann er aber seinerseits Gebühren von allen Unternehmen verlangen, die Strom oder Gas durch das Berliner Netz leiten wollen. Das gilt als sehr lukrativ, obwohl der neue Betreiber dem Vorgänger das Netz zu einem Preis abkaufen muss, der über eine er Milliarde liegen kann. Ein Einfluss darauf, wer Strom oder Gas durchleiten kann, um so etwa Atomstromproduzenten auszuschließen, ergibt sich daraus nicht.

Die SPD, ohnehin auf Rekommunalisierungskurs, mochte sich diese Einnahme nicht länger entgehen lassen und legte sich auf die Bewerbung des eigens dafür gegründeten Landesunternehmen Berlin Energie fest. Dass die CDU diese Bemühungen unterstützte, hatte überrascht, als Rot-Schwarz 2011 den Koalitionsvertrag aushandelte. Offenbar nickten die Christdemokraten den SPD-Kurs nur deshalb ab, weil sie nicht im Entferntesten damit rechneten, dass die anfangs oft belächelte Berlin Energie Erfolg haben könnte.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.