Studentenvertreter in Baden-Württemberg: Studierende lernen Mitbestimmung

In Baden-Württemberg gibt es keine offiziell erlaubten Studentenvertretungen. Die grün-rote Regierung will das nun ändern. Vielen geht das nicht weit genug.

Dürfen auf einen offiziell anerkannten AStA hoffen: Studierende in Tübingen. Bild: ap

JENA taz | Es ist bisher eher dröge, in Baden-Württemberg Studierendenvertreter zu sein. "Wir sind, vereinfacht gesagt, ein Verwaltungsteil der Hochschule", erläutert Laura Maylein, Sprecherin der Landesstudierendenvertretung Baden-Württemberg. Der offizielle AStA dürfe sich weder zu hochschulpolitischen Themen äußern noch Gelder selbst verwalten. "Wir dürfen uns nur zu kulturellen, musischen, sportlichen und eingeschränkt zu sozialen Themen äußern."

Die grüne Wissenschaftsministerin Theresia Bauer hat versprochen, das zu ändern. Anfang Februar stellte sie einen Entwurf zur Einführung einer Verfassten Studierendenschaft ins Internet, noch bis zum 3. März können die Studierenden ihn dort kommentieren.

"Nach über 30 Jahren wollen wir an unseren Hochschulen wieder zu normalen Verhältnissen zurückkehren", begründet Bauer den Vorstoß. Mit der Wiedereinführung der Verfassten Studierendenschaft löst die grün-rote Landesregierung ein zentrales Wahlversprechen ein. 1977 wurde diese von der Filbinger-Regierung abgeschafft. Neben Bayern war Baden-Württemberg damit das einzige Bundesland, welches die studentischen Interessenvertreter derart einschränkte.

In allen anderen Ländern sind die Verfassten Studierendenschaften in den Landeshochschulgesetzen verankert. So äußert sich etwa der AStA der Berliner Freien Universität regelmäßig zu hochschulpolitischen Themen, berät Studierende vom Bafög bis zum Einklagen, betreibt Cafés und eine Druckerei. Die knapp 40 AStA-Referenten verwalten bis zu 500.000 Euro Beiträge pro Jahr.

An vielen baden-württembergischen Hochschulen gründeten sich statt dessen parallel zu den Amts-ASten, die sogenannten U-ASten, die quasi illegal all das machten, was in anderen Bundesländern üblich war und ist. Auch Laura Meylein ist Vorstandsmitglied eines solchen U-AStA an der Uni Freiburg. Doch wirklich zufrieden mit dem Entwurf des neuen Wissenschaftsministeriums ist sie bisher nicht.

"Die Arbeit unbürokratischer machen"

Dieser sehe nämlich kaum finanzielle Unabhängigkeit für die neuen ASten vor. "Es ist bundesweite einzigartig, dass die Verfasste Studierendenschaft per Gesetz noch einen Angestellten des gehobenen Dienstes für die Prüfung aller Überweisungen des AStA einstellen soll" - und das zusätzlich zu den regulären Kassenprüfungen des Landesrechnungshofes alle paar Jahre. "Diesen Prüfer und den Angestellten soll die Studierendenschaft selbst zahlen", so Maylein.

Deniz Kücük, Vorsitzender des AStA Mannheim, sieht im Gesetzesentwurf dennoch einen Erfolg: "Wir könnten uns unabhängig vom Wohlwollen der Universität machen. Das würde unsere Arbeit unbürokratischer machen und gibt uns die Möglichkeit, unserer Projekte besser umzusetzen." So könnte der AStA künftig auch eigene Verträge schließen. Er kritisiert aber, dass die Anzahl der AStA-Mitglieder pro Hochschule per Gesetz vorgeschrieben sein soll.

Die Wissenschaftsministerin hat Vertreter der Hochschulgruppen von Grünen, Jusos, Jungliberalen und des Rings Christlich Demokratischer Studierender am kommenden Mittwoch zu einem Treffen eingeladen, um Kritikpunkte zu besprechen. Im Wintersemester 2012/2013 soll es in Baden-Württemberg wieder vollwertige AStEN geben. Wer sich dort immatrikuliert, tritt dann automatisch in die Verfasste Studierendenschaft ein und zahlt mit der Semestergebühr einen Beitrag an den AStA. "Man geht von einem Beitrag zwischen 5 und 13 Euro aus - das ist der Rahmen in den anderen Bundesländern", meint Maylein.

Der RCDS lehnt die Einführung von Verfassten Studierendenschaften ganz ab. Er sammelt derzeit Unterschriften gegen diese "Zwangsgebühren für Partys, Sexshop-Besuche und Reisen nach Rio". 400 Leute haben bisher unterschrieben.

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