Studie über Alleinerziehende: Verlieben verboten

Eine Studie besagt, dass es sich für Alleinerziehende nicht lohnt, einen Job zu haben. Auch ein neuer Partner kann ihnen wirtschaftlich schaden.

Mal schnell eine Kleinigkeit fürs Kind? Bei Alleinerziehenden ist das nicht immer drin. Bild: dpa

Dahinter steckt Methode: Nachdem Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) die vermeintlich faulen Arbeitslosen zur Arbeit zwingen will, sind jetzt die Alleinerziehenden dran. "Ohne Partner und ohne Arbeit, aber mit 445.000 Euro Alimenten: Alleinerziehende" titelte am Sonntag die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS). Das Blatt beruft sich auf eine noch unveröffentlichte Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, nach der Alleinerziehende mit Hartz IV mehr Geld verdienen als durch einen regulären Job.

Einer der Autoren, der Ökonom Klaus Schrader, rechnet es vor: Eine Mutter mit zwei Kindern und ohne Job erhält durch Sozialleistungen 1.500 Euro. Würde sie im Dienstleistungssektor arbeiten, etwa als Friseurin, würde sie genauso viel verdienen oder sogar weniger. Und eine Alleinerziehende mit Hartz IV und einem Minijob hätte sogar 1.600 Euro monatlich. Klaus Schrader nennt das "perverse Anreizstrukturen".

Da hat er recht. Aber das Problem sind nicht die 1,6 Millionen "arbeitsunwilligen" und "abzockenden" Alleinerziehenden, die obendrein nicht mal daran denken sollen, sich wieder neu zu verlieben, weil das Partnereinkommen auf den Hartz-IV-Satz angerechnet wird. Das Problem sind die "perversen Anreizstrukturen" auf dem Niedriglohnsektor, fehlende Kitaplätze und die Gleichmacherei bei Hartz IV.

Die Lösung hieße Mindestlöhne, Kita-Ausbau und eine Differenzierung des Bildes von Hartz-IV-EmpfängerInnen. Nicht alle Alleinerziehenden stecken in einer vererbten Sozialhilfebiografie fest, im Gegenteil: Es steigt die Zahl derer, die gute Abschlüsse haben und für die Arbeit unbedingt zu ihrem Lebensentwurf gehört. Die aber auf Hartz IV angewiesen sind, weil der Arbeitsmarkt dicht ist.

Alleinerziehend zu sein, auch mit Hartz IV, ist mitnichten eine Erfolgsstory, wie uns die FAS weismachen will. Damit bedient das Blatt eine konservative Familienpolitik, die aufgrund der ökonomischen Missstände zwar immer öfter thematisiert wird, am realen Leben aber vollkommen vorbeigeht. Und das noch zur Erinnerung: Vor der Einführung von Hartz IV wurde das Modell immer damit gepriesen, dass es Alleinerziehenden damit nicht schlechter gehen wird.

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