Studie über Vorratsdaten: "Nur ein Gefühl"

Einer neuen Studie des Max-Planck-Instituts zufolge ist die Vorratsdatenspeicherung objektiv nicht nötig. Die Polizei glaubt aber an den Nutzen.

Kein gutes Gefühl: Ein Demonstrant protestiert gegen die Vorratsdatenspeicherung. Bild: dapd

BERLIN taz | In Deutschland gibt es keine objektiv feststellbaren Schutzlücken nach dem Wegfall der Vorratsdatenspeicherung. Zu diesem Ergebnis kommt ein aktuelles Gutachten des Freiburger Max-Planck-Instituts (MPI) für Strafrecht im Auftrag des Bundesjustizministeriums.

Seit Anfang 2008 musste in Deutschland aufgrund einer EU-Vorgabe sechs Monate lang gespeichert werden, wer wann wo mit wem telefoniert, gemailt oder gesimst hat und wer wann mit welcher IP-Adresse im Internet unterwegs war. Im März 2010 stoppte das Bundesverfassungsgericht die Speicherpflicht solcher Verkehrsdaten und forderte eine Neuregelung, auf die sich FDP und CDU/CSU bisher aber nicht haben einigen können.

Die MPI-Forscher stellten nun fest, dass sich die Aufklärungsquoten weder ab 2008 messbar verbessert noch ab März 2010 messbar verschlechtert haben. Es gebe "keine belastbaren Hinweise darauf, dass die Schutzmöglichkeiten durch den Wegfall der Vorratsdatenspeicherung reduziert worden wären", so die Wissenschaftler. Oft gelinge es der Polizei, auf anderem Wege die Täter zu ermitteln.

Beim Thema Kinderpornografie weisen die Forscher darauf hin, dass Internetverkehrsdaten in der Regel nur zu den Nutzern solcher Darstellungen und ihren Tauschringen führen. Die gefährlichen Hersteller von Kinderpornografie könne man allenfalls zufällig ermitteln.

Die Freiburger Kriminologen hatten für ihre Studie auch viele Interviews mit Polizisten geführt. Diese sprachen sich fast alle für die Vorratsdatenspeicherung aus und argumentierten mit Einzelfällen aus ihrer Praxis.

Justizstaatssekretär Max Stadler (FDP) wertete das so: "Die Studie zeigt, dass die Notwendigkeit der Vorratsdatenspeicherung nicht empirisch belegt, sondern nur ein Gefühl der Praktiker ist." Das Justizministerium will Telefondaten nur bei konkretem Verdacht einfrieren ("quick freeze") und IP-Adressen nur wenige Tage auf Vorrat speichern.

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