Studie zur Einbürgerung: Deutschland wird deutscher

Erstmals seit 2000 steigt die Zahl der Einbürgerungen wieder leicht an, wie Anfragen der Linkspartei ergeben. Den höchsten Zuwachs gibt es in Hamburg nach einer Kampagne.

Hohe Hürden: Einbürgerung in Deutschland. Bild: ap

BERLIN taz | Die Zahl der Einbürgerungen ist im Jahre 2010 erstmals im Verlauf vier Jahren wieder signifikant angestiegen. Das geht aus Anfragen der Linkspartei an sieben Landesregierungen hervor, die der taz vorliegen. Hochgerechnet, haben demnach im vergangen Jahr gut 100.000 Menschen ihre Reisepässe gegen rote Pässe getauscht, ein Anstieg von 6 Prozent.

Bemerkenswert ist dieses kleine Hoch vor dem Hintergrund, dass Einbürgerungszahlen in der letzten Dekade im Trend zurückgingen. Mit fast 190.000 Einbürgerungen wurde im Jahre 2000 ein Höchststand erreicht, bis zum Jahr 2009 halbierte sich die Zahl der Einbürgerungen auf 96.000 - lauter werdenden Warnungen vor einem drohenden Fachkräftemangel zum Trotz.

Die migrationspolitische Sprecherin der Linkspartei Sevim Dagdelen sieht in dem leichten Anstieg keinen Anlass zu ungetrübter Freude. Viel mehr Menschen könnten Deutsche werden, wären die Hürden niedriger. "Die Voraussetzungen können von vielen nicht erfüllt werden", sagte sie der taz. "Kürzere Fristen, Anerkennung von Mehrstaatigkeit und die Senkung der Sprachanforderungen und Gebühren sind notwendig."

Elf Monate bis zur Einbürgerung in Hamburg

Wer Deutsche oder Deutscher werden will, muss in der Regel mindestens acht Jahre in Deutschland leben und 255 Euro bezahlen. Zudem müssen Einbürgerungswillige ausreichende Kenntnisse des Landes und der Sprache nachweisen sowie ein monatliches Einkommen, das sich am Regelsatz für Hartz IV-Empfänger orientiert. Bis zur Einbürgerung dauert es etwa in Hamburg durchschnittlich elf Monate.

Dennoch stieg die Zahl der Einbürgerungen hier am deutlichsten. In der Hansestadt wurden im vergangenen Jahr fast 5.300 Ausländer Deutsche, ein Plus von über 40 Prozent. Das mag daran liegen, dass die Senatsbehörde zusätzliche MitarbeiterInnen eingestellt hat, die bereits vorliegende Anträge abarbeiteten.

Im vergangenen November startete Hamburg aber auch eine Kampagne, die für den roten Pass wirbt. Meryem Celikkol, die das Projekt leitet, sieht weiteren Handlungsbedarf. In Deutschland geborene Kinder von Flüchtlingen müssen sich nach Einbürgerungsgesetz nämlich im Alter von 18 Jahren aus dem Herkunftsland der Eltern ausbürgern lassen - doch oft sind sie dort gar nicht registriert. "Da sitzen kurdische Studenten vor mir, die nicht wissen, was sie tun sollen - dabei heißt es doch immer: Sie sind unsere Zukunft."

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