Sturmflut bedroht Weserstadion: Absaufen beim Abstieg

Für das Weserstadion soll bis Herbst 2016 ein besserer Hochwasserschutz entstehen. Werder Bremen zahlt zwei Drittel. Beim Abstieg müsste die Stadt einspringen

Im Dezember 2013 ließ das Orkantief „Xaver“ die Weser auf bis zu 30 cm zur Deichkante anschwellen. Bild: dpa

BREMEN taz | Nur um 30 Zentimeter hätte das Wasser im Dezember 2013 während des Orkans „Xaver“ noch steigen müssen – und das Weserstadion wäre abgesoffen. Ein neuer Hochwasserschutz ist deshalb geplant und der sorgt für Diskussionen: Erst kam heraus, dass sich die Kosten um zwei Millionen auf sieben Millionen Euro erhöht haben, dann gab es Ärger darum, wer das überhaupt alles bezahlen solle. Dass sich Werder Bremen wie geplant zu zwei Dritteln an den Kosten für den Hochwasserschutz beteiligt, betonte nun Werder-Sprecher Michael Rudolph gegenüber der taz. Noch vergangene Woche hatte Werders neuer Vereinspräsident Hubertus Hess-Grunewald laut Weser Kurier gesagt, dass die Stadt als Eigentümerin des Stadions die Kosten übernehmen solle.

Dem Zitat ging offenbar ein Missverständnis voraus. Laut Rudolph kam es zu einem „kleinen Sachfehler“, dass das Stadion gemäß eines Erbpachtvertrages bis 2057 der Betreiberfirma „Bremer Weserstadion GmbH“ (BWS) und nicht der Stadt gehört. Die Gesellschafter der BWS setzen sich jeweils zur Hälfte aus der Stadt (Wirtschaftsförderung Bremen) und Werder zusammen. Ihre Einnahmen bezieht die BWS jedoch nahezu komplett vom Fußballklub. „Es hat keinen Dissens zwischen der Stadt und dem Verein gegeben“, so der Sprecher. Hess-Grunewald, noch frisch im Amt, hatte vom Erbpachtvertrag lediglich nichts gewusst, aber bereits kurz nach dem Pressegespräch im Trainingslager im türkischen Belek die Journalisten über seinen Irrtum aufgeklärt. Bedauerlich sei es, dass die Sätze trotzdem zur Veröffentlichung kamen, so Rudolph.

„Werder wird rund viereinhalb Millionen Euro des insgesamt sieben Millionen Euro teuren Projektes bezahlen“, sagt auch Heinz-Günther Zobel, der Geschäftsführer der BWS. Das umfasse den technischen Hochwasserschutz für das Weserstadion und das angrenzende städtische Stadionbad. Die u-förmige Spundwand soll mit 6,50 Metern einen Meter höher als der bisherige Deich werden. Außerdem ist die Installation eines Pumpensystems erforderlich, das im Ernstfall das im Überschwemmungsgebiet Pauliner Marsch gelegene Weserstadion von aufsteigendem Grundwasser befreien soll. Zobel sagt: „Die Zusammenarbeit zwischen Stadt und Verein läuft zumindest in der BWS hervorragend.“ Mit der Fertigstellung des Hochwasserschutzes rechnet er nicht vor Herbst 2016.

Liquiditätsengpässe der BWS, wie zuletzt im Geschäftsjahr 2012/2013, seien laut Zobel bei der Fremdfinanzierung des Hochwasserschutzes nicht zu befürchten. „Wir können die drei Millionen zwar nicht auf den Tisch legen, aber aus eigener Kraft gegenfinanzieren“, so der Geschäftsführer. Damals hatten Verzögerungen von Baumaßnahmen im Stadion für einen „Jahresfehlbetrag“ von 821.000 Euro und eine „angespannte Liquidität“ gesorgt, wie es im Jahresabschluss heißt. Die Bilanz sei im Folgejahr auf einen geringen Verlust verbessert worden, dieses Jahr rechne man wieder mit einer ausgeglichenen Bilanz.

Allerdings steht im selben Jahresabschluss auch: „Bei Eintritt von sinkenden Stadionabgaben [...] bestehen Risiken für die Liquiditätssituation der Gesellschaft.“ Laut Zobel ist das Ausbleiben von Einnahmen durch etwa einen Abstieg in die zweite Liga vergleichbar mit dem normalen Risiko von Marktveränderungen, die sich jeder denkbare Wirtschaftsbetrieb aussetzt.

Robert Bücking (Grüne) schätzt die Lage nicht so entspannt ein. In vergangenen Jahren, in denen er noch Ortsamtsleiter von Mitte war, hatte er mit dem Hochwasserschutz an der Pauliner Marsch regelmäßig zu tun. Er sagt: „Die Bauherren des Weserstadions haben Millionen investiert, ohne sich wirklich mit Hochwasserschutz zu beschäftigen. Jetzt müssen die Fehler der Vergangenheit korrigiert werden.“ In der Bauakte von damals war vorgesehen, das Stadion bei Hochwasser einfach volllaufen zu lassen. Inzwischen beziffert der Verein den Schaden einer Überflutung auf 25-30 Millionen Euro, da sich im Keller der Sportstätte viel Elektro-Technik befindet und nach einer Überflutung der Spielbetrieb für Monate eingestellt werden müsste.

Auf einer Beiratssitzung im vergangenen November bemängelten Anwohner und in der Pauliner Marsch ansässige Sportvereine eben jene fehlende Weitsicht beim abgeschlossenen Stadionausbau 2011. Zobel von der BWS hält dagegen, dass sich die Risiken in den letzten Jahren erhöht hätten. Insbesondere der Orkan „Xaver“ im Dezember 2013 hätte die Augen für die Gefahr geöffnet. „Schäden von Sturmfluten sind grundsätzlich nicht versicherbar, auch nach dem Ausbau des Hochwasserschutzes nicht“, so Zobel. Ein Hochwasserschutz sei daher unausweichlich. Zuletzt war das Weserwasser beim Sturmtief „Felix“ auf 4,50 Meter gestiegen.

Für Bücking ist das alles „ein löchriges Gewebe, das leicht reißt“. Das doppelte Risiko für den Klub, das entweder das Stadion „absaufe“ oder der sportliche Erfolg ausbleibe, sei letztlich auch eine Bedrohung für die Stadt. Wenn die Stadionabgaben ausblieben, müssten letztlich die Gesellschafter der BWS geradestehen, die eben zur Hälfte aus der Wirtschaftsförderung Bremen (WfB) kämen. Der Hochwasserschutz sei zwar erforderlich, insofern „er technisch machbar ist und nicht auf Kosten anderer geht“, so Bücking. Genau dies stehe jedoch beim ausbleibenden sportlichen Erfolg des Vereins infrage. „Wenn Werder absteigt, ist alles Asche“, so der ehemalige Ortsamtsleiter.

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