Subventionen für Elektromobilität: Geld nur für schlaue Elektroautos

Damit bis 2020 eine Million Strom-Pkw auf den Straßen fahren, fordert die Industrie Subventionen. Umweltverbände sehen das kritisch.

Millionen sollen es werden, aber intelligent: Ein Elektroauto wird „betankt“. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Botschaft ist ein bisschen versteckt, aber dennoch klar: Das Ziel der Bundesregierung, dass bis zum Jahr 2020 eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen fahren, wird wohl verfehlt werden.

Allenfalls 550.000 bis 600.000 Autos seien zu erwarten, heißt es im 3. Fortschrittsbericht der Nationalen Plattform Elektromobilität, der an diesem Mittwoch an die Bundesregierung übergeben wird. Darüber sind sich die Vertreter von Industrie, Wissenschaft, Politik, Gewerkschaften und Umweltverbänden in dem Beratungsgremium einig.

Weniger eins sind sie sich bei den Konsequenzen. Im Bericht heißt es darum verdruckst, es müssten „gegebenenfalls die Rahmenbedingungen angepasst“, zusätzliche „Maßnahmen zur Marktincentivierung“ sollten geprüft werden. Auf gut Deutsch: Die Industrie will, dass der Kauf eines Elektroautos direkt subventioniert wird – wie in Japan oder den USA, wo jedes Fahrzeug mit 5.000 bis 9.500 Euro gefördert wird, um Mehrkosten gegenüber konventionellen Fahrzeugen auszugleichen.

Während der Absatz von Elektroautos kaum in die Gänge kommt, boomt der Verkauf von Elektrofahrrädern in Deutschland. Nach Schätzungen des Zweirad-Industrieverbandes sind derzeit insgesamt 900.000 Elektrofahrräder zwischen Rügen und Alpen unterwegs – und das ganz ohne staatliche Subventionen. Gingen im Jahr 2010 noch rund 200.000 Elektroräder über die deutschen Ladentheken, so waren es im Jahr 2011 bereits 310.000 Stück.

Der Zweirad-Industrieverband macht dafür eine „steigende Nachfrage nach individueller, nachhaltiger, flexibler und kostengünstiger Mobilität“ verantwortlich. Zusammen mit steigenden Gesundheitsbewusstsein werde dies den Absatz der Räder auch in Zukunft weiter ankurbeln. (rot)

Die am Gremium beteiligten Umweltverbände – das sind die Umweltstiftung WWF, der Naturschutzbund (Nabu) sowie das Klima-Bündnis, in dem Kommunen zusammengeschlossen sind – sehen das anders. „Ein punktgenaues Erreichen des Ziels ist nicht notwendig“, sagt etwa WWF-Verkehrsexpertin Viviane Raddatz. Ohne zusätzliche Förderung werde die Millionenmarke 2022 erreicht. Zudem gebe es andere Möglichkeiten, niedrigere Preise zu erreichen.

Genügend indirekte Bezuschussung

„Elektroautos sind für die Hersteller attraktiv, weil sie damit Strafzahlungen vermeiden können“, so Raddatz. Hintergrund ist die Forderung der EU, dass Pkws ab 2015 nur noch 130 und ab 2020 nur noch 95 Gramm CO pro Kilometer ausstoßen dürfen. Liegt die Flotte eines Herstellers darüber, werden Strafen fällig.

Durch mehr Elektroautos, deren Emission mit null angerechnet wird, lassen sich solche Sanktionen vermeiden. Darum haben Unternehmen einen Anreiz, sie verbilligt anzubieten. „Durch eine Verschärfung der Grenzwerte ließe sich der Absatz von Elektroautos deutlich ankurbeln“, so Raddatz.

Direkte Subventionen für Elektroautos finden die Verbände nur akzeptabel, wenn damit zugleich eine verbesserte Ladetechnik gefördert würde. Derzeit werde stets geladen, sobald das Auto leer sei. Ob im Netz gerade viel oder wenig Strom zur Verfügung steht, spielt keine Rolle.

Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) hat ein Modell entwickelt, das dies ändern würde: Die Fahrzeuge würden dabei mit einem Messgerät ausgestattet, das die Frequenz im Stromnetz misst. Aufgeladen würde das Auto nur, wenn reichlich Strom vorhanden ist; mit komplexerer Techink könnte bei Mangel im Netz auch Strom von der Autobatterie zurückfließen.

Um diese Technik zu finanzieren und den Wagenbesitzern einen Anreiz zu geben, ihr Auto lange am Netz zu halten und somit zur Stabilisierung beizutragen, würden sie dafür eine zeitabhängige Vergütung erhalten. „Mit diesem Modell“, sagt BEE-Experte Thomic Ruschmeyer, „würden Elektroautos nur gefördert, wenn sie schlauer werden.“

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