Subventionen für Industrie: Energiefresser werden bevorzugt

Die Industrie lässt sich ihre Energiekosten mit knapp zehn Milliarden Euro subventionieren, zeigt eine Studie. Die Kosten tragen Steuerzahler und Kleinunternehmer.

Schön, wenn jemand anderes die Heizkosten zahlt. Bild: ap

FREIBURG taz | Die energieintensive Industrie in Deutschland erhält in diesem Jahr fast 10 Milliarden Euro an Subventionen bei den Energiekosten. Das ergibt eine aktuelle Studie der Berliner arepo consult im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Gegenüber dem Jahr 2011 steigen die Subventionen damit um mehr als 1,5 Milliarden Euro.

Die Gutachter haben in der Studie mit dem Titel "Befreiung der energieintensiven Industrie in Deutschland von Energieabgaben" die vielfältigen gesetzlichen Sonderregelungen zusammengetragen, von denen deutsche Unternehmen derzeit profitieren. Die Vorteile der Industrie gehen zu Lasten der Strompreise für Haushalte und zu Lasten der Steuerzahler.

Im Einzelnen haben die Autoren der Studie Ausnahmen bei der Ökosteuer, Rabatte bei der Umlage zugunsten der erneuerbaren Energien (EEG-Umlage) und der Kraft-Wärme-Kopplung, sowie Befreiungen von Netzentgelten und schließlich die kostenlose Vergabe von Zertifikaten im Rahmen des europäischen Emissionshandels untersucht.

Am stärksten schlagen die Entlastungen bei der Ökosteuer zu Buche. Sie bescheren dem Bundeshaushalt 2012 Mindereinnahmen von 5,1 Milliarden Euro. Fast 97.000 Unternehmen profitierten von einer "allgemeinen Entlastung", 23.000 erhielten 2011 den Spitzenausgleich für Strom. Und rund 1.000 Unternehmen seien für bestimmte Prozesse, wie etwa die Metallerzeugung, ganz von der Stromsteuer ausgenommen.

Auch die kostenlose Vergabe der Emissionszertifikate, die in der Studie auf 1,4 Milliarden Euro taxiert wird, belastet den Bundeshaushalt. Der Wert schwankt allerdings je nach Marktpreis der Zertifikate. In der Summe wird die Industrie nach diesen Berechnungen mit 6,5 Milliarden Euro subventioniert.

600 Unternehmen von Netzentgelten befreit

Weitere 3,2 Milliarden Euro, die der Industrie erlassen werden, müssen von den anderen Stromkunden aufgebracht werden Der größte Batzen davon entfällt mit 2,9 Milliarden Euro auf die EEG-Umlage. Würden die Unternehmen hier nicht bevorzugt, sondern stattdessen die Fördersummen für den Ökostrom gleichmäßig auf alle Stromverbraucher umgelegt, so müssten die privaten Haushalte in diesem Jahr statt rund 3,6 Cent nur 3 Cent pro Kilowattstunde bezahlen. Doch die Zahl der zumindest teilweise von dieser Umlage befreiten Unternehmen steigt sogar immer weiter. Mit der jüngsten EEG-Novelle hat sie sich sogar etwa verdreifacht, zeigt die Studie.

Ähnlich ist der Effekt bei der sogenannten KWK-Umlage, über die der Bonus für Strom aus Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung (also stromerzeugende Heizungen und Heizwerke) von den Stromkunden finanziert wird. Auch diese Umlage würde bei Einbeziehung aller Stromverbraucher heute um rund 0,3 Cent niedriger liegen.

Und schließlich werden auch die Netzentgelte überproportional von den Kleinverbrauchern bezahlt. Seit dem Jahr 2011 sind laut der aktuellen Studie bis zu 600 sehr energieintensive Unternehmen vollständig von Netzgebühren befreit. Dies entspreche einer Einsparung von fast 320 Millionen Euro. Da die Netze natürlich irgendwie bezahlt werden müssen, werden diese Einnahmeausfälle auf alle nichtprivilegierten Verbraucher wie Haushalte und Kleingewerbe umgelegt.

Die Autoren der Studie merken zwar abschließend an, dass es "in der Tat Produkte und Prozesse" gebe, "deren Standorterhalt tendenziell von der Erhaltung der bestehenden Subventionen abhängt". Letztlich würden aber mehr Branchen entlastet, als "unter gesamtwirtschaftspolitischen Gesichtspunkten notwendig beziehungsweise unter umweltpolitischen Aspekten sinnvoll wäre".

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