Syrisches Kulturgüterregister: Gemeinsam für den Wiederaufbau

Das „Syrian Heritage Archive“ hat zum runden Tisch nach Berlin geladen. Im Gespräch ist die Wiederherstellung von Syriens kulturellem Erbe.

Ein Soldat steht vor einer zerstörten Häuserlandschaft

Das Ausmaß der Zerstörung in Syrien ist groß Foto: dpa

Der Krieg in Syrien mit seinen anhaltenden Zerstörungen führte zur Gründung zahlreicher Initiativen in Syrien selbst und verschiedensten Teilen der Welt: Alle streben den Wiederaufbau Syriens und die Wiederherstellung seines kulturellen Erbes an. Doch wie lassen sich diese Aktivitäten erfolgreich zusammenführen?

Zur Beantwortung dieser Frage hat das ‚Syrian Heritage Archive‘ (SyrHer), ein vom Auswärtigen Amt finanziertes Projekt des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) und des Museums für Islamische Kunst (MIK), zum Runden Tisch in Berlin geladen: Verschiedenste Kulturerbe-Initiativen mit Akteuren aus Damaskus, Beirut, Boston, Durham, Lyon und Nizza, Rom, Stuttgart, Cottbus-Senftenberg und Berlin kommen prompt.

Der Carabinieri und der IT-Direktor fahren im Glasfahrstuhl nach oben. Die Zielsetzung ist konkret: gegenseitiges Kennenlernen, Austausch und Überblick über den Stand der Dinge. Wie funktionieren die Objektdatenbanken und wie die Schadenserfassung? Vor allem die technischen Aspekte sollen zur Sprache kommen und mögliche Kooperationen, nur so ist Arbeitsteilung möglich. Der Gesprächsbedarf ist enorm.

Drei der sieben Initiativen verfügen über Forschungsdaten mit Informationen über Objekte und Stätten im Vorkriegszustand. Die übrigen erfassen vorrangig Schäden.

Die IT-Spezialisten Tony Gerrouge und Abdulsalam Almidani von der Generaldirektion der Antiken und Museen Syriens in Damaskus betreiben mit ihrem Team auf hohem Standard beides zugleich: digitale Dokumentation syrischer Museumsbestände und Schadenserfassung. Ihre Website ist zweisprachig und interaktiv. Hinzu kommt ein drittes: die Objektsicherung. Kein Wunder: Für eine solche Herkulesarbeit brauchen die Syrer dringend Unterstützung. Diese kommt vom syrisch-deutschen Team des Syrian Heritage Archive Project. Es sichtet, digitalisiert und beforscht analoge Forschungsdaten aus eigenen Archiven.

Erschlossen und standardisiert verwaltet werden sie in der digitalen Forschungsumgebung des DAI, der sogenannten iDAI.world, wie IT-Direktor und Archäologie-Professor Reinhard Förtsch erklärt. Unterstützung kommt auch von Professor Frank Braemer, der seinen IT-Spezialisten Paul Laidler aus Durham gleich mit eingeflogen hat.

In Sites and Monuments Record for Syria (SMRS) führen sie Informationen zweier universitärer Datenbanken zusammen (Fragile Crescent Project, University of Durham sowie Paleosyr/Paleolib, Université de Lyon, Université de Nice). Stärkung kommt auch vom Aleppo Archive in Exile mit Ansprechpartnern an den Technischen Universitäten Stuttgart und Cottbus-Senftenberg.

Seit Beginn der bewaffneten Auseinandersetzungen in Syrien wird im Informationsportal der Association for the Protection of Syrian Archaeology, kurz Apsa, über Schäden an archäologischen und historischen Stätten berichtet. „Wir setzen auf ehrenamtliches Engagement syrischer Bürger und Angehöriger weiterer Staaten“, sagt ein syrischer Archäologe aus Berlin.

Dr. René Teijgeler lebt beschleunigt: Erst ein Anruf mit dem Angebot von zwei Tigern für den Zoo in Bagdad, dann spricht der Sekretär von Heritage for Peace, kurz H4P, über Schadensdokumentation, Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbildung. Der Direktor von American Schools of Oriental Research, Dr. Andrew Vaughn, demonstriert, wie Schadensdokumentation durch Auswerten hochauflösender Satellitenbilder vor sich geht.

„Lets move together“

Als Ergebnis der Konferenz im Berliner Museum für Islamische Kunst zeichnet sich ein kompakter Plan ab, über den nun innerhalb der Teams der einzelnen Initiativen abgestimmt wird. Danach zielt alles Datensammeln auf Syriens Wiederinstandsetzung ab. Jede Initiative kooperiert so intensiv wie möglich mit allen anderen, behält aber ihre Unabhängigkeit, ihre spezifischen Grundsätze, Funktionen und Schwerpunkte. Die Initiativen wollen bestimmte Ressourcen gemeinsam nutzen, sorgfältig mit allen Daten umgehen und Dritten keinen Zugang gewähren, ohne vorherige Zustimmung.

Jetzt geht es darum, verschiedenartige Datenbanken zu verbinden und Daten mit den syrischen Kollegen zu teilen. Self-Empowerment lautet das Stichwort. „Lets move together“, richtet sich Tony Gerrouge hoffnungsfroh an seine Kollegen. Das Treffen am vergangenen Freitag hat das Teilen der Daten mit den syrischen Kollegen erstmals in feste Bahnen gelenkt.

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