TTIP-Verhandlungen in Brüssel: Ein langsamer Tod

Klimawandel, Energiewende, Investitionsschutz: Zum Ende der Verhandlungen wird deutlich, wie uneins EU und USA sind.

Einige Protestierende mit einem Transparent auf dem „TTIP Game Over“ steht

Immerhin vor der Tür gab es am Donnerstag ein bisschen Stimmung Foto: dpa

BRÜSSEL taz | Diesmal wollten die Unterhändler von USA und EU endlich zur Sache kommen. Aus Angst, dass der Brexit eine Einigung weiter erschweren könnte, wollten sie den Grundstein für das Freihandelsabkommen TTIP legen.

Doch auch die 14. Verhandlungsrunde, die am Freitag in Brüssel zu Ende geht, hat nicht den versprochenen Durchbruch gebracht – im Gegenteil: „Mit Obama kann es kein Abkommen mehr geben“, sagte der Chef des mächtigen Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange, der taz. Denn bis zu Barack Obamas Abgang als US-Präsident im November bleibe nicht mehr genug Zeit für eine Einigung. Die aktuelle Runde habe kaum Fortschritte gebracht.

Zwar veröffentlichte die EU-Kommission überraschend einige Dokumente, die Bewegung in den seit drei Jahren festgefahrenen Verhandlungen signalisieren sollen. 24 Kapitel soll das künftige TTIP-Abkommen demnach enthalten, mit drei großen Abschnitten zu „Marktzugang, regulatorischer Zusammenarbeit und Regeln“.

Das klingt ziemlich konkret, einige Vorschläge gehen auch ins Detail. Doch die angeblich neuen Papiere sind zum Teil vom März. Und bei den wichtigsten Themen hätten sich die USA noch keinen Millimeter auf die EU zubewegt, kritisiert Lange.

TTIP im Konflikt mit der Energiewende

Das gilt nicht nur für die umkämpften Fragen Investitionsschutz, Arbeits- und Umweltnormen und Zugang zu öffentlichen Aufträgen in den USA. Es ist sogar noch ein großer neuer Streitpunkt hinzugekommen: der Klimaschutz. Die Europäer fordern, die Vereinbarungen der COP-21-Konferenz in Paris in dem Abkommen festzuschreiben. „Wir wollen den Klimaschutz in TTIP integrieren, nicht nur benennen“, fordert Lange. Doch die USA wollten das Thema nicht einmal diskutieren.

Streit gibt es auch um die Energiepolitik. Bereits zu Beginn dieser Woche hatte die Umweltschutzorganisation Greenpeace geheime Verhandlungsdokumente geleakt, die zeigen sollen, dass TTIP die deutsche Energiewende gefährdet. Die Bundesregierung hat das zwar dementiert, auch die EU-Kommission tat es als Falschmeldung ab. Lange sieht den Streit aber noch nicht ausgeräumt: „Wir wollen keine schmutzige Energie haben, das können wir niemandem erklären.“

Lange fordert nun, die Karten auf den Tisch zu legen. „Nach der Sommerpause muss man sehr deutlich Bilanz ziehen“, sagt der Europaabgeordnete. Dann werde sich zeigen, dass aus TTIP dieses Jahr nichts mehr werde – auch nicht als abgespeckte „Light“-Version. Die Verhandlungen könnten dann erst 2017, mit der nächsten US-Administration, weitergehen. Doch für die Republikaner hat TTIP keine Priorität, der Klimaschutz schon gar nicht. Stirbt TTIP einen langsamen Tod?

Mehr Action vor der Tür

Die SPD würde dem Abkommen offenbar keine Träne nachweinen. Der SPD-Vorsitzende und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel richte sich bereits auf den Abbruch der Verhandlungen ein, meldet die FAZ. Er habe schon seit Wochen den Eindruck, dass es auf Seiten der Amerikaner keine echte Bewegung gebe. Und nach allem, was man von den Unterhändlern aus Brüssel hört, dürfte das Ergebnis der laufenden Runde erneut überaus mager ausfallen.

Rund um das Tagungsgebäude im Brüsseler Europaviertel ging es dafür hoch her: Mit Sitzblockaden versperrten etwa 50 Demonstranten am Donnerstag die Zugänge. Ihr Motto: „TTIP Game over“. Die Polizei beendete den Protest und nahm mehr als 40 TTIP-Gegner fest.

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