TTIP-Verhandlungen in Washington: Lahme Freihandelsgespräche

Der Weg zu einem Abkommen zwischen den USA und der EU wird immer steiniger. Bei den Verhandlungen gibt es mehr Streit als Fortschritte.

Bedrohung aus Übersee: Fleisch Bild: ap

BRÜSSEL taz | Die umstrittenen Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA (TTIP) sind ins Stocken geraten. Es gebe mehr ungeklärte Fragen als gemeinsame Positionen, sagte EU-Handelskommissar Karel De Gucht nach zweitägigen Gesprächen in Washington. Unzufrieden zeigte sich De Gucht mit der Verhandlungsführung der Amerikaner: „Aus unserer Sicht haben die USA bislang nichts auf den Tisch gelegt“, sagte er. „Jetzt beginnen die wahren Verhandlungen“, heißt es fast drohend in Brüssel.

Eigentlich wollten Europäer und Amerikaner acht Monate nach dem Start bereits erste Ergebnisse vorlegen und die weitere Marschroute abstecken. Doch nach den wenigen Informationen, die in Brüssel durchsickern – offiziell sind die Verhandlungen immer noch vertraulich –, hat bisher nur die EU geliefert. Brüssel soll ein Ende der Zölle auf fast alle Güter aus den USA angeboten haben. Außerdem habe die EU einer Negativliste bei Dienstleistungen zugestimmt (alles, was nicht auf der Liste steht, wird liberalisiert).

Die US-Amerikaner sind demgegenüber offenbar bisher nur bereit, sich bei der öffentlichen Beschaffung zu bewegen. Bei Finanzdienstleistungen und Energie habe es hingegen noch keine Einigung gegeben, heißt es in EU-Kreisen.

De Gucht und sein US-Kollege Michel Froman stehen unter Druck: Bereits beim Brüssel-Besuch von US-Präsident Barack Obama im März wollen sie Erfolge vorweisen. Doch bisher gibt es nur Negativmeldungen. So sah sich De Gucht gezwungen, die Verhandlungen über Schutzregeln für Investoren – sprich: US-Konzerne – bis zur Europawahl auf Eis zu legen. Das sogenannte ISDS hatte Proteste bei Nichtregierungsorganisationen, aber auch Widerstand in den EU-Staaten ausgelöst.

Die Staaten fürchten, dass sie Macht an die EU-Kommission abgeben müssen und von US-Konzernen mit Klagen überzogen werden könnten. Nichtregierungsorganisationen kritisieren, der Investorenschutz könne dazu missbraucht werden, nationale Sozial- und Umweltstandards auszuhebeln. Um die Bedenken zu zerstreuen, kündigte De Gucht nun „Konsultationen“ an. Außerdem startete er eine PR-Offensive, die die TTIP-Gegner besänftigen soll.

„Ich werde sicherstellen, dass TTIP kein Unterbietungsabkommen wird“, sagte der liberale Belgier nach dem Treffen in Washington. Über eine Hormonfleischeinfuhr nach Europa werde mit den USA beispielsweise gar nicht erst verhandelt. Es gebe schlicht „Bereiche, in denen wir uns nicht einigen werden“, beteuerte De Gucht.

Doch im EU-Parlament wachsen die Zweifel. „In den letzten Tagen wurden die Erwartungen seitens der Kommission extrem heruntergespielt – zu viele Differenzen scheint es zwischen den VerhandlungsführerInnen zu geben“, sagte die grüne Handelsexpertin Ska Keller. TTip gefährde die Demokratie, die Verhandlungen sollten ausgesetzt werden. Wegen der NSA-Affäre denken viele im Parlament ähnlich.

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