TV-Duell Henkel gegen Wowereit: Das Duell, das keins werden konnte

Beim Fernsehduell verläuft die Kampflinie weniger zwischen Wowereit und Henkel, als zwischen Politikern und Journalisten. Viel zu sehr klammern sich die RBB-Moderatoren an ihren Ablaufplan.

Eine Runde Schnick-Schnack-Schnuck: Wowereit und Henkel im RBB-Studio. Bild: Reuters

Eins muss man Frank Henkel lassen: Seine Fakten und Zahlen hatte er gut gelernt. Bloß hätte der CDU-Spitzenkandidat sie ein bisschen emotionaler rüberbringen sollen, als er am Dienstagabend Klaus Wowereit zum TV-Duell traf. Oder besser: zum sogenannten Duell. Denn es war nicht wirklich eins.

Das hatte weniger damit zu tun, dass Henkel nur an Körpergröße auf Augenhöhe mit Wowereit war, den Regierenden Bürgermeister aber nicht wirklich fordern konnte. Viel aber hatte es zu tun mit der Situation im RBB-Studio. Zu einem echten Zweikampf stehen sich die Kontrahenten gegenüber, egal ob mit dem Colt an der Hüfte, dem Degen in der Hand oder der politischen Attacke im Mund. Der RBB aber baute die beiden Politiker schlicht nebeneinander auf. Gegenüber standen vielmehr die fragenden Journalisten, und die taten auch einiges, um den Eindruck zu erwecken, dass die Kampflinie nicht zwischen Wowereit und Henkel verlief.

Ein Duell war es aber auch deshalb nicht, weil es kaum Gelegenheit zum Nahkampf gab. Es dauerte zwar nur kurze Zeit, bis Wowereit nach einer Henkel-Äußerung reingrätschte und dem CDU-Mann vorhielt, nur einen West-Wahlkampf zu führen, so wie sich die Linkspartei auf den Osten der Stadt konzentriere. „Sie fangen ja schon an zu holzen, das können wir auch machen“, konterte Henkel leicht angesäuert. An dieser Stelle und in anderen Momenten hätte es ein munterer Schlagabtausch werden können.

Das Duell zwischen Amtsinhaber Klaus Wowereit und seinem CDU-Herausforderer Frank Henkel war die dritte von vier Runden, die das RBB-Fernsehen zeigt.

In der ersten Runde waren in der letzten Woche die fünf Spitzenkandidaten der bisher im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien nacheinander befragt worden.

In der zweiten Runde kamen Vertreter von Kleinparteien zu Wort - von der Piraten, über die Tierschutzpartei bis hin zur NPD.

In der vierten Runde trifft Klaus Wowereit am Donnerstag auf Renate Künast (Grüne).

Da es kein Fernsehduelle mit dem Spitzenkandidaten der Linkspartei, Wirtschaftssenator Harald Wolf, gibt, produzierte die Linke am Dienstagabend einen Live-Kommentar im Internet. Dabei stellte Grogor Gysi die Fragen der RBB-Moderatoren an Harald Wolf.

Doch immer genau in diesen Momenten beendeten die beiden RBB-Leute, Programmdirektorin Claudia Nothelle und Chefredakteur Christoph Singelnstein, den Abtausch, um bloß ihr Programm abzuarbeiten, das viel zu viele Themen vorsah: Wirtschaft, Arbeitsplätze, steigende Mieten, Bildung, Integration, Sicherheit, alles musste mit. Die Diskussion an interessanten Stellen spontan laufen zu lassen und dafür auf ein Thema zu verzichten, das sah das Konzept sichtlich nicht vor.

Wowereit war das dann auch schon mal zu dumm, als Nothelle ihm nach einer Äußerung über die Bundes-Union vorhielt, man solle sich doch auf Berlin konzentrieren. „Nee, Frau Nothelle, das können Sie nicht auf Berlin konzentrieren.“ Und da hatte er durchaus Recht, weil es um ausbleibende Mittel aus dem CSU-geführten Bundesbauministerium ging, die direkten Einfluss auf die Situation im Kiez haben. Auch Henkel reagierte zurecht gereizt, als Nothelle ihm bei einer Antwort schon nach wenigen Momenten ins Wort fiel und ihn ein anderes Mal mitten im Satz abbrach, obwohl sich der CDU-Kandidat gerade erst auf das zubewegte, was er loswerden wollte.

Das war nicht die Situation, in der Henkel Wowereit auf eine wirkliche Fehlleistung festnageln konnte. Altbekannt waren seine Vorwürfe, bekannt die Repliken, gefüttert von wiederholt gehörten Zahlen. 4.000 Polizisten weniger und die höchsten Bildungsausgaben führte Henkel an, während Wowereit etwa die geringen Fahndungserfolge beim Thema Autobrandstiftung mit 1,2 Millionen Autos und 5.000 Kilometer Straße erklärte. Nichts war wirklich neu oder überraschend, keine zusätzliche, unverbrauchte Munition hatte sich Henkel für die Begegnung mit Wowereit mitgebracht.

Fraglich ist allerdings, ob Henkel sie überhaupt hätte loswerden können. Viel zu wenig Zeit blieb zur direkten Konfrontation zwischen den Kandidaten, wertvolle Zeit der 45-Minuten-Sendung ging für Kurzfilmchen drauf, die informativ sein mochten, aber das vermeintliche Duell überfrachteten. Und wieso RBB-Chefredakteur Singelnstein am Ende der Sendung Wowereits Aufruf an die Berliner zu mehr Wachsamkeit in die Ecke einer Bürgerwehr rückte, war nicht wirklich nachzuvollziehen.

Sehr wahrscheinlich ist es nicht, aber möglich schon, dass Wowereit und Henkel, die im Abgeordnetenhaus schon mal locker plaudernd nebeneinander hergehen, nach dieser Dreiviertelstunde im RBB-Studio um die Ecke ein Bier trinken gegangen sind und sich gefragt haben: Warum tun wir uns so etwas eigentlich an?

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