Tag der offenen Moschee in Berlin: Und dann wird gebetet

Beim Tag der offenen Moschee bekommen Besucher grundlegende Einblicke in die religiöse Vielfalt der Berliner Muslime.

Gläubige und Besucher in der Sehitlik-Moschee. Bild: dapd

Wiener Straße am Görlitzer Bahnhof: Ein kleiner Junge, roter Anorak, roter Spielzeugkoffer in der Hand, stürmt auf die Moschee gegenüber der Hochbahn zu. Seine Mutter fängt ihn gerade noch ab. „Franz, du musst dir erst deine Schuhe ausziehen“, erklärt sie, dann öffnet sie seine Schnürsenkel. Neben ihnen bietet ein junger Mann Kaffee und arabische Kekse an.

Am Mittwoch, 3. Oktober, war wieder Tag der offenen Moscheen in Deutschland. Seit 1997 gibt es diese Veranstaltung. Der Tag der Deutschen Einheit ist bewusst gewählt worden, denn am 3. Oktober solle auch die Verständigung zwischen den Religionen gefördert werden, so der Zentralrat der Muslime in Deutschland. Hunderte Moscheen stehen an diesem Tag bundesweit für Besucher offen, in Berlin sind es immerhin 18. So auch die arabische konservative Omar-Moschee in der Wiener Straße 1.

Hier werden die Gäste von zuvorkommenden Gemeindemitgliedern im Anzug empfangen. „Eigentlich steht die Moschee ja immer offen, für alle“, sagt Birol Ucan, beim Träger Islamischer Verein für wohltätige Projekte zuständig für Öffentlichkeitsarbeit. „Aber am 3. Oktober wissen das auch alle.“

Am Mittwoch hatten 18 Berliner Moscheen und damit knapp ein Drittel der islamischen Gebetshäuser ihre Türen für Besucher geöffnet. Interessierte konnten sich in Führungen, Ausstellungen und Vorträgen über die Arbeit und den Alltag in den Gotteshäusern informieren. In diesem Jahr stand der Tag der offenen Moschee unter dem Motto "Islamische Kunst und Kultur". Bundesweit standen Besuchern mehr als 600 Moscheen offen.

Die islamischen Religionsgemeinschaften organisieren den Tag der offenen Moschee seit 1997. Er findet traditionell am 3. Oktober, dem Tag der deutschen Einheit, statt, um die Verbundenheit der Muslime mit Deutschland zu unterstreichen. Veranstalter ist der Koordinationsrat der Muslime mit Sitz in Köln. (dpa, epd)

Das stimmt. „Das ist für uns eine Gelegenheit, die Moschee in unserer Straße zu besuchen“, sagt Marion Foradori, Mutter von Franz. Ihr Sohn hüpft derweil mit dem Spielzeugkoffer durch die Moschee, fasst die weißen Marmorsäulen an und streckt sich zu dem Kronleuchter hoch, der unerreichbar an der acht Meter hohen Decke hängt. „Das ist echtes Kristall aus Ägypten“, erklärt einer der jungen Männer im Anzug. „Der Kronleuchter wiegt so viel wie ein Auto.“

Am Rand des Saals stehen eine Frau und ein Mann Mitte 50. Mit gefalteten Händen betrachten sie die mit Gold verzierte Gebetsnische und die Kanzel, die die Richtung vorgeben, in die gebetet wird. Dann gehen sie ein Stockwerk höher.

Unten beten fast nur Männer. „Die Frauen sind es gewohnt, sich in die Logen in der ersten und der zweiten Etage zurückzuziehen“, erklärt Birol Ucan und zeigt auf die beiden Balkone. Das bedeute aber nicht, dass sie nicht in der Hauptmoschee beten könnten. „Mohammed hat auch Frauen unterrichtet. Das ist für uns der Beweis, dass sich Frauen und Männer im gleichen Raum aufhalten dürfen.“

Etwa hundert Meter weiter, in der Wiener Straße 12, hängt ein Plakat mit der Aufschrift „Tag der offenen Moscheen“ neben einem Tor. Diese Moschee wird von der Ditib, der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt der Religionen, getragen. Ihre Ausrichtung ist liberal. Im Hinterhof springen Kinder um einen Kiosk, drei Männer stehen am Tresen und trinken Kaffee.

Es ist kurz vor 13 Uhr, als Gemeindemitglied Firuze Çakmak noch schnell zehn BesucherInnen in die Moschee schiebt. In wenigen Minuten wird das Mittagsgebet abgehalten. Die Frauen und Männer sehen sich in dem mit Holz verkleideten, niedrigen Raum um. Männer mit Sakko und grünen und weißen Kappen drängen in die Moschee und setzen sich auf den Boden. Die Besuchergruppe wirkt jetzt wie ein Fremdkörper. Çakmak führt die Gäste ins Obergeschoss. Von hier aus sieht man den Vorbeter nicht. Drei Mädchen drängen sich vorbei in den niedrigen Raum mit Lautsprecher. Doch nur eine von ihnen faltet die Hände zum Gebet, die anderen Mädchen dürfen heute nicht. Der Grund: Sie haben ihre Menstruation, so Çakmak.

Eine Melodie aus dem Lautsprecher signalisiert, dass das Hauptgebet beginnt. In der Moschee reihen sich die Männer vor der Gebetsnische zum Gebet auf. Fragen stellen die BesucherInnen dazu nicht. Sie seien vielmehr aus Interesse an der Architektur des Gebäudes gekommen, berichtet eine Teilnehmerin.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.