Tag der offenen Moschee: Warum ich mich in Hamburger Moscheen manchmal fremd fühle
Am 3. Oktober haben in Deutschland die Moscheen geöffnet. Dort gibt es oft schöne Feste und Begegnungen. Trotzdem fühle ich mich manchmal fremd.
I n Hamburg haben am Tag der Deutschen Einheit nicht nur Rathäuser, sondern auch viele Moscheen ihre Türen geöffnet. An diesem Tag sprechen wir nicht nur über die Versäumnisse Westdeutschlands bei der Vereinigung mit dem Osten, über die Fehler von Regierung und Gesellschaft und die Enttäuschungen vieler ostdeutscher Menschen. Es geht auch um etwas anderes: um den Islam in Deutschland – sichtbar gemacht durch den Tag der offenen Moschee. An diesem Tag laden viele Moscheen in Deutschland Menschen ein, die sich für den Islam interessieren oder den Kontakt zu Muslim*innen suchen.
Insgesamt gibt es je nach Quelle von 30 bis 60 Moscheen in Hamburg. Die Schura Hamburg gibt an, dass sie etwas weniger als 50 Gemeinden vertritt. Manche Quellen zählen jedoch auch kleine Gebetsräume, temporäre Orte oder Hinterhofmoscheen dazu. Im Branchenbuch auf hamburg.de sind etwa 31 Adressen gelistet.
Die Centrum-Moschee in St. Georg ist sehr bekannt, mit einer starken Vereinsstruktur und oft im öffentlichen Diskurs präsent. Die Fazle-Omar-Moschee in Stellingen gehört zu den ältesten Moscheen Hamburgs; sie wurde 1957 von der Ahmadiyya-Gemeinschaft erbaut.
Für mich ist der 3. Oktober etwas Besonderes, das ich so nur in Deutschland erleben kann. Ich bin in Syrien aufgewachsen, wo über 80 Prozent der Menschen Muslim*innen sind. Dort war die Moschee nicht nur ein Ort des Gebets, sondern auch ein Ort der Begegnung: für Beileidsbekundungen, aber auch für Feiern – nicht mit Tanz wie bei Hochzeiten, sondern mit Liedern über den Glauben und den Propheten Mohammed, die wir auf Arabisch gesungen haben.
Als Kind war ich oft in der Moschee, besonders im Sommer, wenn wir nicht verreisen konnten und viel freie Zeit hatten. Mit Unterstützung meines Vaters habe ich den Koran gelernt und versucht, einige Seiten auswendig zu rezitieren.
Heute, in Hamburg, gehe ich seltener in die Moschee. Obwohl es hier eine schöne arabische Moschee in der Nähe gibt, fühle ich mich dort manchmal fremd, weil ich kaum jemanden kenne. Dieses Gefühl der Fremdheit in einem eigentlich vertrauten Raum mag ich nicht.
Am 3. Oktober konnte ich in diesem Jahr selbst leider nicht in eine Moschee gehen. Aber meine Frau war in der Al-Hamda-Moschee in der Nähe von Verwandten. Sie hat dort mehr über den Islam und die muslimische Community gelernt, über Nachbarn und Offenheit. Dort gibt es einen großen Gebetsraum für Männer und einen kleineren für Frauen mit vielen Kindern. Die Gemeinde organisierte ein schönes Fest mit Spielen und Hüpfburgen für Kinder, mit Essen und Süßigkeiten für die Gäste. Außerdem wurden Bücher und Flyer verteilt, die über die Gemeinde und ihren Glauben informierten.
Hier spüre ich eine Diskrepanz: Zwischen der Offenheit am Tag der offenen Moschee – und dem Gefühl der Fremdheit, das ich manchmal in Moscheen habe. Diese Spannung ist vielleicht die eigentliche Botschaft. Am Ende möchte ich sagen, dass wir die Gelegenheit, einander kennenzulernen, wahrnehmen sollten – wie in diesem Fall, bei dem nicht-muslimische Menschen den Islam kennenlernen können.
Es geht nicht darum, den Islam in Deutschland zu verbreiten oder gar „Deutschland zu islamisieren“. Es geht vielmehr um die Bedeutung von Glaubensorten – seien es Moscheen, Kirchen oder Synagogen – als Orte der Gemeinschaft. Besonders für Menschen im Exil können sie ein Gefühl von Zusammenhalt schaffen. Und genau diesen Zusammenhalt sollten solche Orte in die Gesellschaft ausstrahlen.
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