Talfahrt der Berliner SPD: Linke stärker als die Sozialdemokraten

Nach der Schlappe bei der Bundestagswahl kämen Berlins Sozialdemokraten nun auch bei einer Abgeordnetenhauswahl nur noch auf den dritten Platz.

Michael Müller

Kann er die SPD aus dem Stimmungstief holen? Berlins Obergenosse Müller Foto: dpa

Die Linkspartei liegt erstmals in ihrer Geschichte bei einer repräsentativen Umfrage zu einer Abgeordnetenhauswahl vor der SPD. Rund 19 Prozent der Befragten würden die Linke wählen, nur 18 Prozent die Sozialdemokraten. Das entspricht in etwa dem Berliner Ergebnis bei der Bundestagswahl vor zweieinhalb Wochen. Stärkste Kraft ist jeweils die CDU mit rund 22 Prozent. Im Sommer 2016 war die SPD in einer Umfrage mit 27 Prozent fast doppelt so stark wie die Linke mit 14 Prozent. Die SPD-Parteispitze mochte sich dazu nicht äußern: Man kommentiere keine Umfragewerte, so Sprecherin Birte Huizing.

Die neuen Umfragewerte der Institute Forsa und Civey nehmen den Berliner Sozialdemokraten von Partei- und Regierungschef Michael Müller auch noch die letzte Ausrede für das schlechte Abschneiden bei der Bundestagswahl, wo sie noch dar­auf verweisen konnten, es sei ja um bundesweite Themen gegangen, nicht um Landespolitik.

Verfestigt sich die Lage, müsste sich die SPD mit dem Gedanken anfreunden, wie bis 2001 nur Juniorpartner in einer Koalition zu sein. Als in Brandenburg vor Jahren die Linkspartei stärker zu werden drohte, blieb der dortigen SPD die Option, von Rot-Rot auf Rot-Schwarz umzuschwenken und mit der CDU zu koalieren, statt kleinerer Partner der Linkspartei zu sein. Diese Möglichkeit hat die SPD in Berlin derzeit nicht. Um mitzuregieren, bliebe nach Thüringer Vorbild nur, unter einem Regierungschef der Linken zu dienen.

Die aktuellen Umfragen befeuern nach der Bundestagswahl angelaufene Debatten über eine engere Zusammenarbeit mit der Linkspartei. Mark Rackles, einer der stellvertretenden SPD-Landesvorsitzenden und Staatssekretär in der Senatsbildungsverwaltung, hatte ein Papier verbreitet, in dem er anregt, dass sich Direktkandidaten der beiden Partei bei Bundestagswahlen nicht gegenseitig Stimmen wegnehmen und dadurch den Sieg eines Konservativen ermöglichen.

Raed Saleh hingegen, SPD-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, lehnt eine solche politische und organisatorische Annäherung ab: „dämlich“ und „absurd“, urteilte er über Rackles’ Vorstoß. Aus seiner Sicht würde die SPD damit ihren Anspruch aufgeben, Volkspartei zu sein, und sich „selbst verzwergen“. In der Landespolitik hatte die SPD stets für sich beansprucht, die Berlin-Partei zu sein. Gegen Saleh selbst gibt es den Vorwurf, dass er seine Kritik über die Medien und nicht im Landesvorstand äußert.

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