Tarifabschluss: Mehr Geld für öffentlichen Dienst

Beschäftigte im öffentlichen Dienst, darunter rund 8.000 Lehrkräfte, verdienen bald mehr. Berlin rechnet mit Mehrkosten von rund 200 Millionen Euro.

Ganz so viel ist es nicht geworden: 5,6 Prozent mehr statt 6,5 Prozent. Bild: DPA

Ihre Forderungen nach mehr Gehalt konnten die Beschäftigten im öffentlichen Dienst fast durchsetzen: 2,65 Prozent mehr Geld rückwirkend zum 1. Januar dieses Jahres und noch einmal 2,95 Prozent ab nächstem Jahr – das macht 5,6 Prozent. 6,5 Prozent mehr hatten die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) bei den Tarifverhandlungen mit den Bundesländern gefordert, die am Samstag zu Ende gingen. Mit einer anderen Forderung konnten sich die Arbeitnehmervertreter bei den Verhandlungen dagegen nicht durchsetzen: der nach einem bundesweit einheitlichen Tarifvertrag für angestellte Lehrerinnen und Lehrer. Denn diese werden in den verschiedenen Bundesländern teils sehr unterschiedlich bezahlt.

Dabei waren es in Berlin gerade die angestellten Lehrkräfte, die bei den Warnstreiks vor der dritten Verhandlungsrunde der Tarifpartner am Mittwoch der vergangenen Woche auf die Straße gegangen waren. 12.000 Beschäftigte hatten in Berlin für ihre Forderungen demonstriert, mit 7.500 davon weit über die Hälfte Erzieher- und LehrerInnen. Insgesamt beteiligten sich nach Gewerkschaftsangaben 155.000 der insgesamt 800.000 Landesbeschäftigten an den mehrtägigen Warnstreiks.

An Berlins Schulen ist der Unmut über die ungleiche Bezahlung von verbeamteten und angestellten LehrerInnen groß, die mehrere hundert Euro im Monat betragen kann. Und unter der Abwanderung von Lehrkräften in Bundesländer, die ihnen bessere Beschäftigungsbedingungen anbieten, leidet das ganze Berliner Schulsystem.

Eine „Demütigung“

Eine „Demütigung“ der Lehrkräfte – so nannte GEW-Verhandlungsführerin Ilse Schaad die Verweigerung eines bundesweiten Tarifvertrags durch die Tarifgemeinschaft der Länder (TdL). Die GEW werde das Verhandlungsergebnis jetzt „in aller Ruhe“ auswerten, so Schaad, und dann über eine Reaktion entschieden: „Dabei halten wir uns alle Optionen offen.“ Dazu gehörten „natürlich auch Streiks“, so Schaad.

In Berlin müssten Eltern zunächst aber keine weiteren Streiks befürchten, beruhigt Tom Erdmann, Pressesprecher der Berliner GEW. Die Tarifkommission der Landes-GEW wolle das Ergebnis der Verhandlungen zunächst prüfen und dann erst „kurz nach Ostern“ eine Empfehlung aussprechen, so Erdmann. Die Streikoption werde man sich dabei „selbstverständlich auch offenhalten“.

Auch Erdmann sieht in der Ablehnung eines Tarifvertrags für Lehrkräfte eine „Demütigung“: Um einen solchen Vertrag durchzusetzen, hätten die angestellten LehrerInnen nach den Vorstellungen der Arbeitgeber Gehaltskürzungen von bis zu tausend Euro hinnehmen müssen. Dabei sei es eine Regel, so der GEW-Sprecher, „dass mit einem neuen Tarifabschluss niemand schlechter gestellt werden darf“.

„Für alle Nicht-Lehrkräfte“ sei das Ergebnis der Tarifverhandlungen insofern „ein positives“, so Erdmann: „5,6 Prozent statt der geforderten 6,5 Prozent mehr Gehalt, 30 Tage Jahresurlaub auch für ErzieherInnen“ – das seien „wichtige Erfolge“.

In Berlin betrifft der Tarifabschluss neben den etwa 8.000 angestellten Lehrerinnen und Lehrern rund 58.000 Beschäftigte in Senatsverwaltungen und Bezirksämtern sowie in landeseigenen Unternehmen wie den Berliner Bäderbetrieben oder den Kita-Eigenbetrieben.

Nach Einschätzung der Senatsverwaltung für Finanzen wird der Tarifabschluss in den kommenden zwei Jahren zu etwa 200 Millionen Euro Mehrausgaben führen: Bereits eingerechnet sei dabei die den Angestellten des öffentlichen Dienstes vertraglich zugesicherte Angleichung des Lohnniveaus an den Bundesdurchschnitt von jährlich 0,5 Prozent, so Kathrin Bierwirth, die Pressesprecherin der Finanzverwaltung.

Die Vereinbarungen über die Angleichung des Lohnniveaus sind auch der Grund dafür, dass die vereinbarten Gehaltserhöhungen Berliner Beschäftigten erst ab April zugutekommen werden. Die Grünen rechnen mit weit höheren Kosten: Sie gingen von 280 Millionen Euro aus, sagte der finanzpolitische Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus, Jochen Esser. 130 Millionen davon fehlten im Haushalt.

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