Tarifkonflikt an der Nordseeklinik: Zuckerbrot und Peitsche

An der Nordseeklinik auf Sylt lehnt es der Asklepios-Konzern ab, mit der Gewerkschaft zu verhandeln - selbst wenn das bedeutet, dass Patientenbetten leer stehen.

Streiken für höhere Gehälter: Beschäftigte des Nordseeklinikums in Westerland. Bild: dpa

HAMBURG taz | Im Arbeitskampf bei der Asklepios-Nordseeklinik in Westerland auf Sylt sind die Fronten verhärtet: Seit Sommer haben die Beschäftigten der nicht-medizinischen Bereiche die Arbeit an 41 Tagen niedergelegt, um einen Tarifvertrag durchzusetzen. Die Gewerkschaft fordert 14,5 Prozent mehr Vergütung, um das Gehaltsniveau auf der teuren Ferieninsel dem des Festlandes anzupassen. 3,5 Prozent hatte der Klinikkonzern zu Beginn des Tarifkonfliktes Anfang des Jahres „freiwillig“ gezahlt.

Seitdem hatte sich Asklepios nicht mehr bewegt: Selbst als die Deutsche Rentenversicherung Patienten-Termine cancelte, weil Therapien wegen des Arbeitskampfes verschoben würden, nahm das Asklepios billigend in Kauf. Und auch als der Versuch misslang, aus den Hamburger Klinken Streikbrecher mit einer 200 Euro-Prämie pro Tag bei freier Kost und Logis zu locken, blieb der Konzern der harten Linie treu. Prognosen besagen, dass im Dezember 95 Prozent der Reha-Betten leer bleiben werden.

Nun hat Asklepios-Gesellschafter Bernard große Broemann in den Konflikt eingegriffen und den Mitarbeitern und dem Betriebsrat ein außergewöhnliches Angebot unterbreitet. „Wir haben Verständnis für ihre Forderung nach höherer Vergütung“, teilte er mit und bot ab 2014 acht Prozent mehr Gehalt sowie eine Einmalzahlung von 2.500 Euro an.

Voraussetzung sei allerdings, dass es gelänge, den Tagessatz der 370 Betten-Klinik von durchschnittlich 119 auf 131 Euro zu steigern. Da der Tagessatz, den die Rentenversicherung für Reha-Maßnahmen der älteren Patienten zahle, bei 120 Euro liege, müssten zum Ausgleich rund 400 zusätzliche Privatpatienten mit einem Tagessatz von 250 Euro behandelt werden. „Sollten wir dieses Ziel nicht erreichen, werden wir die Lohnerhöhung und die Einmalzahlung anteilig auszahlen“, sagt Geschäftsführer Florian Nachtwey.

Diese Vereinbarung wollen die Asklepios-Bosse aber nur mit dem Betriebsrat oder in Individualverträgen abschließen, wenn diese 90 Prozent der Beschäftigten unterzeichnen. Der Betriebsrat lehnt eine Vereinbarung ab, weil er gesetzlich gar nicht befugt ist, Lohnverhandlungen zu führen – das darf nur eine Gewerkschaft. Und zwei Drittel der Beschäftigte nehmen die rechtlich wenig verbindliche Individualvereinbarung nicht an – auch Nicht-Streikende.

Per Presserklärung an die Sylter Rundschau forderte Asklepios den Betriebsrat Ende voriger Woche erneut auf, die Lohnvereinbarung zu unterschreiben, „andernfalls“, droht Geschäftsführer Nachtwey, „kann von einer Teil-Schließung der Rehabilitationsklinik im Dezember ausgegangen werden“. Im Klartext : 98 Beschäftigten würde betriebsbedingt gekündet.

Ursula Rummel, Gewerkschaftssekretärin im Ver.di-Bezirk Westküste, gibt jedoch die Hoffnung nicht auf, als „legitimer Verhandlungspartner“ anerkannt zu werden. „Wir sind sicher, schnell eine für beide Seiten annehmbare rechtssichere Vertragslösung zu finden“, sagt Rummel.

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