Tarifstreit der Zeitungsredakteure: Stift weglegen - auf in den Kampf

Zeitungsredakteure in Baden-Württemberg wollen unbefristet streiken. Es geht um Gehaltskürzungen und Einschnitte beim Nachwuchs.

Bei den Tageszeitungen in Baden-Württemberg drohen von diesem Donnerstag an unbefristete Streiks. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Auseinandersetzung zwischen Redakteuren und Verlegern in Deutschland spitzt sich ungewohnt zu. In Baden-Württemberg wollen die Zeitungsredakteure unbefristet streiken, dafür sprach sich bei einer Urabstimmung eine große Mehrheit aus. In Nordrhein-Westfalen wurde am Mittwoch der Startschuss für die Urabstimmung gegeben und zugleich weitere mehrtägige Warnstreiks bei mehr als 20 Blättern eingeläutet. In der kommenden Woche entscheiden die Redakteure in Bayern, ob sie unbefristet in den Ausstand treten wollen. Die anderen Bundesländer sollen folgen.

In Baden-Württemberg wurden rund 1.700 in den beiden Branchengewerkschaften Deutscher Journalistenverband (DJV) und Ver.di organisierte Journalisten zur Abstimmung aufgerufen. Mehr als 98 Prozent stimmten für den Streik. Ab Donnerstag rufen die Gewerkschaften nun zu einem unbefristeten Ausstand im Südwesten auf. "Wir stellen uns auf mehrere Wochen intensive Streiks ein", sagt Annegret Kaiser, Leiterin des Ver.di-Landesfachbereichs Medien, der taz.

Seit fast einem Jahr verhandeln Arbeitgeber und Gewerkschaften auf Bundesebene um einen neuen Tarifvertrag. Dieser gilt für 14.000 Redakteure an Tageszeitungen in Deutschland. Die achte Verhandlungsrunde endete Anfang Juli ergebnislos.

Normalerweise geht es bei Tarifverhandlungen darum, um wie viel die Gehälter steigen. Die Zeitungsverleger wollen jetzt aber zum ersten Mal die Gehälter der Redakteure um 5 Prozent kürzen. Auf besondere Kritik stößt bei den Gewerkschaften, dass Berufseinsteiger je nach Berechnung zwischen 15 und 30 Prozent weniger bekommen sollen als ältere Kollegen. DJV und Ver.di fordern eine allgemeine Gehaltserhöhung von 4 Prozent.

Ab August seien Gespräche mit den Arbeitgebern wieder möglich, sagt Kaiser. Voraussetzung: Die Verleger lassen die Forderung fallen, dass Neueingestellte nach einem sogenannten Tarifwerk 2 deutlich schlechter bezahlt werden. "Ich hoffe, dass wir schon bis Ende der Woche ein eindeutiges Signal der Arbeitgeber bekommen", sagt Thomas Godawa, DJV-Landesvorsitzender in Baden-Württemberg, der taz. Die streikenden Journalisten wollen sich am Montag zu einer landesweiten Streikversammlung in Stuttgart treffen, um das weitere Vorgehen zu beraten.

"Angriff auf Qualitätsjournalismus"

"Die Motivation ist sehr groß", sagt Roland Müller, Redakteur bei der Stuttgarter Zeitung, der sich auch schon an den Warnstreiks beteiligte. Bei der zunehmenden Arbeit gehe eine Gehaltsminderung "gar nicht". Dass junge Kollegen deutlich weniger bekommen sollen, regt ihn besonders auf. "Das ist ein Angriff auf den Qualitätsjournalismus." Die Verleger müssten sicherstellen, dass die Redakteure auf vernünftige Arbeitsbedingungen zählen könnten.

Bei den Verlegern ist aber bislang keine Bewegung zu erkennen. "Die andere Seite will offenkundig den Showdown", sagte der Geschäftsführer des Verbands Südwestdeutscher Zeitungsverleger (VSZV), Stephan Bourauel, der dpa. Burkhard Schaffeld vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) will zum Ergebnis der Urabstimmung und den Streiks als "innergewerkschaftlicher Angelegenheit" nicht weiter Stellung beziehen. Er verweist aber darauf, dass die Tarifverhandlungen auf einer wirtschaftlichen Basis geführt würden, die sich sich durch Streiks nicht ändere. Dass es den Verlegern aber so schlecht geht, wie sie tun, bezweifeln die Gewerkschaften. Schließlich ziehe die Wirtschaft allgemein an und auch der BDZV meldete jüngst für die Branche ein Umsatzplus von 0,7 Prozent.

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