Taschendiebe in Barcelona: Der andere Ronaldinho

Elegantes „Andribbeln“ ist die neue Masche in der Hauptstadt der Taschendiebe. Blitzschnell langen die Rateros auf der La Rambla zu – und schon ist die Urlaubskasse leer geräumt.

Die Flaniermeile La Rambla in Barcelona – ein beliebtes Revier für Taschendiebe Bild: ap

Vor zwanzig Jahren waren Gauner in Barcelona noch leicht zu erkennen: Kam einem eine junge Frau mit einer Nelke entgegen und wollte sie überreichen, hieß es: wachsam sein. „Un centimo, por favor“ sollte die Blume kosten. Wer dann mitleidig im Portemonnaie kramte, hatte schon verloren. Blitzschnell langten die Damen zu, und wenn man später die Geldbörse öffnete, sah man sich fast immer sämtlichen Papiergelds beraubt.

Die Zeiten ändern sich, und Taschendiebe, in Spanien Rateros genannt, lassen sich Neues einfallen. Ohne Gewalt, möglichst nachts und in Gruppen lauern sie in der Gegend um die Rambla, dem zentralen Anlaufpunkt der meisten Barcelona-Touristen. Nachschub trifft hier täglich in großer Anzahl ein. Dabei machen es die Sauftouristen – etwa grölende Männergruppen auf Junggesellenabschied, mit Plastikpenissen auf der Mütze und der obligatorischen Bierdose in der Hand – den Rateros ziemlich einfach.

Zu zweit oder dritt nähern sich die Gauner dem Opfer und machen auf gute Laune und Brüderschaft. Wer singt, der wird unterstützt, wer tanzt, dem kommen gut gelaunte Partner zur Seite. Wer lehnt schon einen netten Flirt mit zwei schnuckeligen Lateinamerikanerinnen ab?

Solch einer neuen Bekannten kann man in Südeuropa auch schon mal den Arm auf die Schulter legen, Körperkontakt ist in Spanien bekanntlich alltäglich. Und im passenden Augenblick passiert dann das, was in der Szene in Barcelona als „Ronaldinho“ bekannt ist: Der Angreifer dribbelt sich elegant an sein Opfer an und schnappt im unbemerkten Augenblick den Ball – pardon – das Portemonnaie weg. Es wird dann ebenso flink und unbemerkt einem Dritten übergeben, der sich schnell von der Szene entfernt. Bemerkt das Opfer den Diebstahl, tut „Ronaldinho“ arglos: Er sei es nicht gewesen. Wenn das Opfer ihn verdächtige, möge er ihn doch bitte zur Polizeiwache führen …

Nun greifen aber auch die Opfer zur Hilfe: Auf Facebook haben sich mehr als 700 Personen einer Gruppe mit dem Titel „I know someone who got robbed in Barcelona“ angeschlossen, die mit einer Google-Seite verlinkt ist, die die Orte von Diebstählen zeigt.

Neben der neuen „Ronaldinho-Technik“ gibt es natürlich noch eine Zahl weiterer Tricks: Rateros verkleiden sich als Werber für karitative Vereine, um sich ihren Opfern unauffällig nähern zu können, andere legen in einem Café einen Mantel über ihren Arm, um so unauffällig in Handtaschen greifen zu können.

Und die Polizei? Die ist zwar zahlreich vor Ort, doch Diebstähle bis zu 400 Euro gelten in Spanien nur als einfaches Delikt. Nach einer Anzeige auf dem Revier muss die Guardia Urbana den Täter leider laufen lassen.

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