Terrorismus im Jemen: Al-Qaida greift Geheimdienst an

Die jemenitische Armee hatte schon ihren Sieg gefeiert. Doch trotz Militärkampagnen und Drohnen meldet sich das Terrornetzwerk al-Qaida zurück.

Die brennende Zentrale des Geheimdienstes. Bild: reuters

ABU DHABI taz | Der Sieg war zu schön, um wahr zu sein. Im Juni feierte die jemenitische Armee einen überraschenden Triumph über das Terrornetzwerk al-Qaida, als sie in einer Blitzkampagne die Städte Sindschibar und Jaar im Süden des Landes befreite, wo sich die islamistischen Kämpfer über ein Jahr lang festgesetzt hatten. Doch schon damals wunderten sich viele über den reibungslosen Verlauf der Aktion.

Nun scheint sich die Skepsis zu bestätigen. Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP) hat sich in den letzten Wochen mit einer Serie von Attentaten zurückgemeldet, die zeigen, dass der Terrorkrieg im Jemen unvermindert weitergeht. Am Samstag griff eine Gruppe islamistischer Kämpfer in der Hafenstadt Aden die Geheimdienstzentrale an und töteten dabei mindestens 20 Menschen.

Al-Qaida geht nicht nur gegen Armee und Polizei, sondern auch gegen die Verbündeten der ohnehin schwachen Regierung in Sanaa vor. Das von Osama bin Laden gegründete Terrornetzwerk nutzt dabei gezielt das politische Chaos in Jemen nach dem Arabischen Frühling 2011 aus. Öffentliche Proteste erzwangen 2012 den Rücktritt von Präsident Ali Abdullah Saleh, der über 33 Jahre lang das ärmste Land am Arabischen Golf mit harter Hand regierte.

Die USA, die Saleh jahrzehntelang mit Millionen-Dollar-Hilfen gestützt hatten, setzen nun darauf, dass sein Nachfolger Abdrabuh Mansur Hadi es schafft, al-Qaida zu schwächen und das Land zu stabilisieren. Für Amerika ist die AQAP die gefährlichste lokale Gruppierung von al-Qaida, die auch für Anschläge auf US-Ziele – etwa den Anschlag auf das amerikanische Kriegsschiff „USS Cole“ im Oktober 2000 – verantwortlich ist.

Politische Beobachter im Jemen glauben, dass die Anschläge der letzten Wochen ein Beleg dafür sind, dass die neue Regierung sich schwer damit tut, ihre Macht zu konsolidieren. Denn die Loyalitäten in Staatsapparat und Armee sind nach über 33 Jahren autoritärer Regierung von Saleh gespalten. Saleh, so sagen seine Kritiker, habe gemeinsame Sache mit al-Qaida gemacht, wenn es ihm nützlich erschien, dadurch mehr Geld aus Saudi-Arabien und den USA für seinen Antiterrorkrieg zu bekommen.

Doppelspiel der Regierung

Dieses Doppelspiel habe seinen Reiz noch nicht verloren, meint Mohsin Khosruf, ein pensionierter Armeeoffizier, der häufig zu politischen Themen im Jemen Stellung nimmt. „Nicht mehr als 400 Al-Qaida-Kämpfer waren in der Lage, eine ganze Provinz zu besetzen, in der zahlreiche Militäreinheiten und sogar spezielle von den USA ausgebildete Antiterrorteams stationiert waren. All diese Soldaten haben nichts gegen die 400 Kämpfer unternommen“, die das Gebiet um Sindschibar und Jaar im Südjemen besetzen.

Am 31. März 2011 hatte die AQAP die Provinz zum „Islamischen Emirat“ erklärt. „Niemand stellte sich ihnen entgegen, und sie konnten in aller Ruhe agieren“, kritisiert Khosruf. Der bedrängte Saleh habe gehofft, mehr Unterstützung für sein Regime zu gewinnen, indem er die Al-Qaida-Karte spielte.

Die Kooperation zwischen Militär und al-Qaida sei ungebrochen, meint der jemenitische Journalist Mohammed al-Ghazwan. Al-Qaida habe sich im Juni 2012 zurückgezogen, als die jemenitische Armee einen Großangriff in der besetzten Provinz startete. Es habe eine Order gegeben, die islamistischen Kämpfer nicht anzugreifen. Es sei, so Ghazwan, die oberste Führung, die al-Qaida für ihre Zwecke nutze. Solange dies nicht aufhöre, habe Jemen keine Chance zur Ruhe zu kommen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.