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Teures Gesundheitssystem„Kleines Sparpaket“ gegen große Finanznot

Auf den letzten Drücker will die Bundesgesundheitsministerin steigende Krankenkassenbeiträge verhindern. Der große Wurf soll später kommen.

Nina Warken (CDU), Bundesministerin für Gesundheit: „Das Sparpaket gegen höhere Kassenbeiträge kommt“ Foto: Soeren Stache/dpa

Wenn die Krankenkassenbeiträge im kommenden Jahr nicht weiter steigen sollen, dann ist Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) massiv im Zugzwang. Nun kündigte sie ein „kleines Sparpaket“ an, es soll bereits am Mittwoch im Kabinett beschlossen werden.

Seit Jahren hält die Entwicklung der Einnahmen der Krankenkassen nicht mit den steigenden Ausgaben Schritt. Weil der gesetzliche Krankenkassenbeitrag von 14,6 Prozent die Kosten nicht deckt, erheben die Kassen immer höhere Zusatzbeiträge von derzeit bis zu 4,4 Prozent. Die CDU dürfte nicht nur aus Empathie für die Versicherten ein weiteres Ansteigen verhindern wollen, sondern vor allem auch, weil die Hälfte der Beiträge von den Arbeitgebern getragen werden müssen.

Wiedereinführung der Praxisgebühr

Die von Warken geplanten Sofort-Sparmaßnahmen zielen vor allem auf eine Kostenreduktion in den Krankenhäusern ab – etwa bei Honoraren – und in der Verwaltung der Krankenkassen. Kritik daran kam etwa von der Deutschen Krankenhausgesellschaft, die der Gesundheitsministerin Wortbruch vorwirft, weil sie den vollen Inflationsausgleich bei den Krankenhauskosten damit untergrabe.

Der Verband der Ersatzkassen (VDEK) (unter anderem Techniker und Barmer) begrüßte zwar einen „ersten wichtigen Schritt“ zur Begrenzung der Ausgaben. Der Effekt werde aber nicht ausreichen, um weitere Beitragssteigerungen zu verhindern. Notwendig sei es, einen Anstieg der Ausgaben generell an die Entwicklung der Einnahmen zu koppeln. Mit einem höheren Rabatt in der Abrechnung patentgeschützter Medikamente könnten laut VDEK jährlich bis zu 3 Milliarden Euro gespart werden.

Als weitere Vorschläge zur Senkung der Gesundheitskosten werden eine Wiedereinführung der Praxisgebühr, höhere Zuzahlungen für Versicherte bei Behandlungen und Medikamenten, eine Begrenzung der Facharztbesuche, die Möglichkeit länger ohne Krankschreibung zu Hause zu bleiben, höhere Zuschüsse vom Bund an die Kassen sowie das Kostensenkungspotenzial tiefgreifender Reformen etwa in der Notfall- und Rettungsmedizin diskutiert. Eine von Warken eingesetzte Ex­per­t*in­nen­kom­mis­si­on soll mögliche Maßnahmen „ohne Denkverbote“ erörtern und bis März 2026 erste Vorschläge zur längerfristigen Stabilisierung der Kassenbeiträge erarbeiten.

Das Sofort-Sparpaket der Gesundheitsministerin kommt auf den letzten Drücker: Ebenfalls am Mittwoch will der Schätzerkreis seine konkrete Prognose für die Finanzsituation der Kassen im Jahr 2026 vorlegen – diese ist dann die Grundlage für die Festlegung der neuen Zusatzbeiträge.

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1 Kommentar

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  • Das Gesundheitswesen ist todkrank.



    Beispiel Basaliome, die sind mit geübten Auge unschwer zu erkennen.



    Bis ca. 2007 lief das ungefähr so: Patient:"Das sieht nach Basaliom aus". Arzt: "Ja, ist ein Basaliom". Holt die Kryoflasche, vereist das Ding mit flüssigem Stickstoff. Nach 2-3 Wochen ist das abgeheilt, fertig.



    Heute: Patient: "Das sieht nach Basaliom aus". Arzt: "Muss man abklären, Probe ziehen. Machen Sie an der Rezeption einen OP-Termin".



    Wochen später: OP-Termin, Probe wird gezogen, Wunde genäht.



    Zwei Wochen später: Faden wird gezogen, Befund da: Es ist ein Basaliom.



    Wieder Wochen später: Zweiter OP-Termin, Basaliom wird entfernt, Wunde genäht.



    Nochmal zwei Wochen später: Fäden werden gezogen, Befund Basaliom nochmal bestätigt.



    Was einst mit einem Arzttermin erledigt war, braucht heute fünf Termine....