Textilfabrik-Brände in Bangladesch: Hoffnung auf freiwillige Einsicht

UN-Richtlinien sollen wirtschaftliche Ausbeutung verhindern, eine Kontrolle gibt es aber nicht. Die Brände in Bangladesch hätten sie wohl verhindern können.

Protest gegen Fabrikbedingungen in Bangladesch. Bild: dapd

GENF taz | Zu den verheerenden Bränden in Bangladesch, bei denen es über 150 Tote gab, „wäre es wahrscheinlich nicht gekommen, wenn die Unternehmen die vor 18 Monaten vom UNO-Menschenrechtsrat verabschiedeten ’Richtlinien für Wirtschaft und Menschenrechte‘ umgesetzt hätten.“ Davon ist Debbie Stothard, Menschenrechtsaktivistin aus Malaysia und Sprecherin des alternativen Asean-Netzwerkes Altsea, fest überzeugt.

Die betroffenen Textilfabriken fertigten auch Kleidung für deutsche Konzerne wie C & A und KiK. Die UN-Richtlinien müssten „endlich auch von den multinationalen Unternehmen beachtet werden, die bislang in Burma Landflächen in Besitz nehmen – willkürlich, oft mit Gewalt und ohne die enteigneten Bauern zu entschädigen“, forderte sie.

Auf einem Globalen Forum in Genf diskutieren 1.000 Vertreter von Regierungen, Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen aus 85 Staaten über die Umsetzung der „UN-Richtlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten“. Stothards Rede machte das Dilemma dieses neuen UN-Regelwerks deutlich: Zwar verlangen die Richtlinien, dass alle national oder im Ausland tätigen Unternehmen die international vereinbarten Menschenrechtsnormen – und konkret die acht Kernabkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zu sicheren und menschenwürdigen Arbeitsbedingungen – „respektieren“ und umsetzen sollen.

Unter anderem sollen die Unternehmen Sklaverei, Kinderarbeit und alle anderen Formen wirtschaftlicher Ausbeutung verhindern. Auch beim Bau von Industrieanlagen oder von Pipelines, beim Kauf von Land oder beim Abbau von Energieressourcen und anderen Rohstoffen im Ausland sollen die Unternehmen die Menschenrechte der lokalen Bevölkerung respektieren. Kommt es zu Menschenrechtsverletzungen, ist es die gemeinsame Verantwortung von Unternehmen und Regierungen, für Wiedergutmachung zu sorgen.

Richtlinien sind „überflüssig“

Doch die Richtlinien enthalten keine Mechanismen zu ihrer Überwachung- und Durchsetzung – und sehen keinerlei Sanktionen bei Verstößen vor. Ihre Umsetzung ist abhängig von der freiwilligen Einsicht von Unternehmen, dass dies in ihrem eigenen Interesse liegt. Welche konkreten Maßnahmen zur Umsetzung haben Unternehmen und Regierungen in den letzten 18 Monaten ergriffen? Auf diese Frage der taz gab es beim Globalen Forum in Genf nur sehr dürftige, zum Teil überraschende Antworten.

Andrei Galaev, Vorstandsvorsitzender des russischen Energiekonzerns Sakhalin, erklärte, die UN-Richtlinien seien „eigentlich überflüssig“, denn die Forderungen dieser Richtlinien würden in seinem Unternehmen „bereits seit der Gründung im Jahr 2000 vollständig umgesetzt“. Daniel Beal, Menschenrechtsreferent im US State Department, fand auch auf Nachfrage überhaupt keine Antwort.

Der Menschenrechtsbeauftragte der Europäischen Union, Stavros Lambrinidis, gab in Genf bekannt, dass die EU soeben einen Menschenrechtswegweiser für kleine und mittlere Unternehmen veröffentlicht habe. Im April nächsten Jahres sollen spezielle EU-Richtlinien für Unternehmen der Öl- und Gasindustrie, der Informations- und Telekommunikationsbranche sowie für Arbeitsvermittlungsfirmen folgen.

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